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Agrar - Ausblick 2018: Knappheit sieht anders aus

07.12.2017  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Und für diese US-Ernte 2017/18, die derzeit eingebracht wird, liegen die Prognosen inzwischen deutlich höher als noch im Mai. Damals ging das USDA von 17 Mio. Ballen aus (3,7 Mio. Tonnen), also einer ähnlich hohen Ernte wie im Vorjahr. Inzwischen liegt die Schätzung bei über 21 Mio. Ballen (4,6 Mio. Tonnen), und wurde zuletzt trotz der zwischenzeitlichen Hurrikans sogar leicht angehoben. Dies wäre die höchste Ernte in den letzten 10 Jahren, und auch davor lag die Erntemenge nur für 3 Jahre höher.

Doch nicht nur in den USA steigt die Baumwollproduktion 2017/18, sondern auch weltweit. Denn auch bei allen anderen wichtigen Produzenten steigt die Produktion, insbesondere bei den größten Erzeugern China und Indien (Grafik 11). Aus Indien kommen zuletzt aber Meldungen über Schädlingsbefall, der die erhoffte rekordhohe Ernte gefährdet. Die globale Baumwollproduktion soll laut USDA auf 26,3 Mio. Tonnen steigen und ausreichen, um den Anstieg der Nachfrage mehr als zu kompensieren.

Entsprechend dürfte es 2017/18 nach zwei Defizitjahren nun zu einem kleinen Überschuss am Baumwollmarkt und damit einem Lageraufbau kommen. Die Schätzungen auch hierfür wurden über die Zeit mehrfach nach oben korrigiert. Der Branchendienst Cotlook erwartet mit 790 Tsd. Tonnen einen höheren Überschuss als das International Cotton Advisory Committee ICAC mit gut und das USDA mit knapp 500 Tsd. Tonnen (Grafik 12).

China, das seinen Titel als weltgrößter Importeur schon vor Jahren an Bangladesch abgegeben hat und inzwischen auch hinter Vietnam rangiert, spielt dennoch weiterhin eine Schlüsselrolle. Denn nach der Umstellung seiner Baumwollpolitik, die über staatliche Ankäufe zu hohen Preisen zu riesigen Lagerbeständen geführt hatte, baut das Land diese nun sukzessive ab und importiert daher weniger neue Ware. Betrachtet man also die Bestände in der Welt ohne China, so werden diese noch deutlich stärker steigen, nämlich laut USDA um 27% auf 11,2 Mio. Tonnen.

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Dass die Preise nicht tiefer und derzeit gegenüber Jahresbeginn marginal im Plus liegen ist auch den robusten US-Baumwollexporten zu verdanken. Seit Saisonbeginn im August liegen sie 36% höher als im Vorjahr. Dies ist Ausdruck einer stärkeren globalen Nachfrage. Während zunächst eine Stagnation gegenüber Vorjahr erwartet wurde, beziffert das USDA den Nachfrageanstieg 2017/18 zuletzt auf 5 Mio. Ballen oder 4,5% - darunter in China, Bangladesch und Vietnam - auf das höchste Niveau seit 10 Jahren.

Neben dem globalen Wirtschaftswachstum spielt hier auch eine Rolle, dass sich konkurrierende Fasern wegen des höheren Ölpreises verteuert haben. Die Mehrheit der kurzfristig orientierten Marktteilnehmer setzt denn auch auf steigende Preise. Für das vierte Quartal 2018 prognostizieren wir einen Baumwollpreis von 72 US-Cents je Pfund.


Zucker:

In der ersten Jahreshälfte 2017 hatte sich der bereits im Herbst 2016 einsetzende Preisverfall fortgesetzt. Zwischen Jahresbeginn und Ende Juni fiel der Preis um 35% auf unter 13 US-Cents je Pfund. Danach ging es unter Schwankungen moderat bergauf. Aktuell notiert Rohzucker bei 15 US-Cents je Pfund, noch immer fast ein Viertel unter dem Niveau zu Jahresbeginn. Der Preisrückgang war maßgeblich verursacht durch die Aussicht auf einen Überschuss am globalen Zuckermarkt in der Saison 2017/18, nachdem die beiden Vorjahre mit Defiziten geschlossen hatten. Tatsächlich dürfte die Produktion 2017/18 stark steigen:

In Indien soll mit 25 Mio. Tonnen ein Viertel mehr als im Vorjahr produziert werden, in Thailand stehen laut Thai Sugar Millers Corporation nach 10 Mio. Tonnen 2016/17 für 2017/18 11 Mio. Tonnen zu erwarten, und in der EU rechnet die EU-Kommission nach dem Wegfall der Produktionsquoten bei einer größeren Fläche und wegen günstiger Witterung überdurchschnittlichen Erträgen mit 20,1 Mio. Tonnen nach nur knapp 17 Mio. Tonnen im Vorjahr. In diesen Ländern hat die Verarbeitungssaison erst begonnen, im wichtigsten Produzentenland Brasilien dagegen schon im April. Dort neigt sie sich inzwischen dem Ende zu.

Auch wenn der Vorsprung gegenüber dem Vorjahreszeitraum in den letzten Monaten stark geschrumpft ist: Kumuliert von Anfang April bis Mitte November beträgt das Plus der Zuckerproduktion gegenüber Vorjahr noch 2,4%, obwohl die insgesamt verarbeitete Zuckerrohrmenge leicht im Minus liegt. In den letzten Monaten haben sich die relativen Preise in Brasilien zugunsten von Ethanol entwickelt (Grafik 13) - nicht zuletzt wegen gestiegener Rohölnotierungen am Weltmarkt haben die Benzinpreise in Brasilien stark angezogen - , und die Mühlen reagieren mit einer höheren Allokation des Zuckerrohrs in Richtung Verarbeitung zu Ethanol. Dies hat den Zuckerpreis zuletzt wieder steigen lassen.

Einigkeit besteht über einen Marktüberschuss 2017/18, nicht aber über dessen Höhe (Grafik 14). So kommt es, dass etwa INTL FC Stone seine Prognose für einen weltweiten Überschuss 2017/18 mit Verweis auf die Verschiebung zugunsten von Ethanol senkte und Datagro sogar nur noch einen Überschuss von 430 Tsd. Tonnen erwartet, Green Pool diesen dagegen - allerdings mit Verweis auf eine schleppende Nachfrage - auf massive 9,8 Mio. Tonnen anhob.

Auch das USDA liegt bei über 10 Mio. Tonnen, ED&F Man bei 8 Mio. Tonnen. Die Internationale Zuckerorganisation ISO hob ihre Prognose im November auf 5 Mio. Tonnen an. Eine ganze Reihe von Schätzungen bewegt sich zwischen 3 und 5 Mio. Tonnen. Die Erwartung eines Marktüberschusses dämpft die Preisentwicklung - zumal auch die Angaben für das Defizit 2016/17 in der Vergangenheit mehrfach nach unten korrigiert wurden auf nur noch wenig über 1 Mio. Tonnen und auch für die Saison 2018/19 bereits erste Prognosen eines weiteren Überschusses abgegeben werden, etwa von der ISO in Höhe von 3 Mio. Tonnen. Eine knappere Marktversorgung ist demnach vorerst nicht in Sicht.

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Für 2018/19 sind die Vorhersagen für Brasiliens Produktion ohne klare Richtung, denn die Annahmen für die Zuckerrohrernte und deren Verteilung auf Zucker und Ethanol liegen weit auseinander. Die Schätzungen reichen von 30 Mio. bis rund 36 Mio. Tonnen Zucker. Nicht zu vernachlässigen für den Zuckerpreis in New York ist auch die Entwicklung der Währungsparitäten, insbesondere zwischen Brasilianischem Real und US-Dollar.

Unsere Kollegen von der Währungsseite erwarten über 2018 eine weitere moderate Abwertung des Real. Derzeit spricht also einiges für eine Fortsetzung der Preisschwäche bei Rohzucker. Hält allerdings das deutliche Umschwenken der brasilianischen Zuckermühlen in Richtung Ethanol an, d.h. bleibt der Zuckeranteil längere Zeit niedrig, dürfte dies den Preis stützen.


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