Rohstoffe kompakt Agrar: Üppiges Angebot sorgt für niedrige Preise am Weltmarkt


Weizen:
Die Weizenpreise haben seit Mitte Mai kräftig nachgegeben. Im CBOT-Kontrakt mit Fälligkeit September beträgt der Rückgang fast 30%. So notiert Weizen in Chicago derzeit unter 530 US-Cents je Scheffel. Damit ist der Anstieg zwischen Anfang Februar und Anfang Mai, als in der Spitze 750 US-Cents je Scheffel erzielt wurden, mehr als rückgängig gemacht. Weizen notiert daher auf 4-Jahrestief. In Paris waren sowohl der Preisanstieg als auch der -rückgang nur etwa halb so stark und Weizen kostet dort derzeit im nächstfälligen November-Kontrakt 180 EUR je Tonne. Dies markiert ein 2½-Jahrestief.
Der Preisanstieg im Frühjahr war vor allem dem Zustand geschuldet, mit dem die Winterweizenpflanzen in den USA wegen der Trockenheit in wichtigen Anbaugebieten aus der Winterruhe kamen (Grafik 2). Dieser war so schlecht wie seit 12 Jahren nicht mehr. Dabei waren bereits 3% weniger Fläche als im Vorjahr mit Winterweizen bebaut worden, so dass die Perspektiven für die US-Ernte nur mäßig sind. Zugleich hatte das im Winter niedrige Preisniveau die Nachfrage angekurbelt.
Starke US-Exporte unterstützten daher den Preis im Frühjahr. Hinzu kamen Meldungen aus Russland, dass im Herbst weniger Fläche als erwartet eingesät worden war. Die Angst vor El Niño, v.a. in Australien, und vor einer Eskalation des Konflikts in der Ukraine kam hinzu. Inzwischen haben sich einige Aspekte gebessert: Sowohl das US-Landwirtschaftsministerium USDA als auch der Internationale Getreiderat IGC erwarten für die Saison 2014/15 zwar eine niedrigere Weltweizenproduktion als 2013/14, aber dennoch einen weiteren, wenn auch nur kleinen, Angebotsüberschuss.
Zunächst hatte der IGC den Weizenmarkt 2014/15 defizitär erwartet. Insgesamt soll nun aber nach Einschätzung von USDA und IGC auf der Welt mit rund 700 bis 705 Mio. Tonnen noch immer die zweithöchste Weizenmenge jemals geerntet werden. Dies liegt vor allem an guten Aussichten für die Ernten in der EU, China und Indien, die der schwächeren Produktion in den USA und dem wohl unvermeidlichen Rückgang in Kanada nach der Rekordernte des Vorjahres jeweils einen Produktionsanstieg entgegenzusetzen haben.
Für die EU wurden die Prognosen mehrfach nach oben korrigiert, nachdem der langen Trockenheit ab April die ersehnten Regenfälle folgten. So rechnete etwa der Getreideindustrieverband Coceral noch im April mit einem Rückgang der Weichweizenproduktion in der EU, geht nun aber wie auch EU-Kommission, USDA und der Bauernverband Copa-Cogeca von einem deutlichen Zuwachs gegenüber dem bereits guten Vorjahr aus.
Die Weichweizenernte dürfte um die 140 Mio. Tonnen betragen. Die EU-Kommission bleibt etwas vorsichtiger und behält ihre Prognose von 137,5 Mio. Tonnen auch bei ihrer Vorhersage von Ende Juni unverändert bei. Regenfälle in den US-Anbaugebieten wurden mit Erleichterung aufgenommen, auch wenn die Pflanzenqualität nur graduell stieg.
Bei US-Sommerweizen sieht es aber gut aus. Auch die Perspektiven für die Ernten der Schwarzmeerregion stellen sich besser dar als vor einigen Monaten. Gleichzeitig kommen auch keine Knappheitssignale vom konkurrierenden Maismarkt, die den Weizenpreis stützen könnten. Auch die Angst vor einem El Niño-Phänomen ist abgeflaut, nachdem jüngste Entwicklungen einen wenig ausgeprägten Verlauf wahrscheinlicher werden lassen.

So wie der Weizenpreis aus unserer Sicht im Frühjahr zeitweise zu stark gestiegen war, halten wir den derzeitigen Preis aber für zu niedrig. Denn auch wenn keine Versorgungsängste aufkommen müssen: Selbst bei einem kleinen Überschuss dürften die weltweiten Lagerbestände Ende 2014/15 noch deutlich unter denen der Jahre 2009/10 bis 2011/12 bleiben. Die US-Weizenvorräte am 1. Juni, die gleichzeitig auch die Endbestände des Erntejahres 2013/14 darstellen, wurden gerade auf einem 6-Jahrestief gemeldet (Grafik 3).
Zudem könnten die zum Teil heftigen Regenfälle in manchen Anbaugebieten auch die Qualität des nun gerade geernteten Weizens beeinträchtigt haben. Auch in der EU sind die Lagerbestände 2013/14 wohl nochmals geringfügig vom Vorjahresniveau abgeschmolzen, das bereits das niedrigste seit 17 Jahren war. Wir erwarten daher, dass der US-Weizenpreis im vierten Quartal bei 600 US-Cents je Scheffel liegen dürfte.
Für den EU-Weizenpreis sehen wir vorerst kaum Erholungspotenzial. Die Exportdynamik hat sich etwas abgeschwächt, das hohe erwartete Angebot wirkt preisdämpfend und die Konkurrenz aus der Schwarzmeerregion lässt keine großen Preissprünge zu. Für das vierte Quartal stellen wir in unserer Prognose daher einen Preis in Paris von 180 EUR je Tonne ein.