Rohstoffe kompakt Agrar: Preise in Paris - mehr als ein Abziehbild der US-Vorgaben

Es ist zunehmend wahrscheinlich, dass die EU den Anteil von auf Feldfrüchten basierenden Kraftstoffen auf 5,5% des Verbrauchs im Transportsektor und damit etwa auf derzeitigem Niveau deckeln wird. Zwar spielt in der EU Biodiesel mit 70% eine weit größere Rolle für den Verbrauch an Biokraftstoffen als Ethanol mit 28%. Unter dem expliziten Hinweis, dass offizielle Daten zum Verbrauch von Feldfrüchten für die Kraftstoffproduktion schwer zu finden sind, schätzt das USDA, dass zur Produktion der prognostizierten 5 Mrd. Liter Ethanol in der EU in 2012 etwa 10,1 Mio. Tonnen Getreide - davon die Hälfte Weizen und ein Drittel Mais - sowie 10,3Mio. Tonnen Zuckerrüben benötigt wurden und damit 3,6% der EU-Getreideproduktion und 8,9% der Zuckerrübenproduktion.
Auf der anderen Seite fallen Kuppelprodukte wie Schlempe (DDGS) an, die sich auf 2,2% des gesamten Bedarfs an Futtergetreide belaufen. Für Mais alleinemachen die 3,2 Mio. Tonnen zur Ethanolproduktion etwa 6% der EU-Produktion aus - gegenüber 40% in den USA. Weitaus bedeutender bei der Maisverwendung in der EU ist jedoch die Verfütterung (Grafik 11). OECD/FAO beziffern die Ethanolproduktion in der EU für 2012 allerdings mit 6,8 Mrd. Litern deutlich höher als das USDA.
In den letzten Jahren wird Mais auch verstärkt als Grundlage für die Biogasproduktion verwendet. Biogas entsteht durch Vergärung von Biomasse, sei es Klärschlamm, Pflanzenreste oder gezielt angebaute Energiepflanzen wie Mais. Die meisten Anlagen werden zur Elektrizitätsgewinnung und/oder Wärmegewinnung genutzt. Biogas als Treibstoff für Fahrzeuge hat in der EU mit Ausnahme Schwedens noch kaum Bedeutung. Inwieweit die Produktion von Biogas in der EU auf Feldfrüchten und dabei meist Mais beruht, variiert stark zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten.
Dabei gelten die beidengrößten Biogasproduzenten als Extreme: In Deutschland wird 90% des in der EU durch Feldfrüchteproduzierten Biogases erzeugt, in Großbritannien dagegen mehr auf Verwertung von Abfällen und Klärschlämmen gesetzt. Insbesondere in Deutschland gibt das Erneuerbare Energien Gesetz EEG und die damit verbundene hohe Einspeisungsvergütung für Produzenteneinen starken Investitionsanreiz auch für Biogasanlagen auf landwirtschaftlichen Betrieben.
Der Maisanbau hat in Deutschland in den letzten Jahren daher stark auf 2,5 Mio. Hektar zugenommen. Dies ging fast vollständig von Silomais zur Biogasgewinnung aus, der mit 31% der Maisfläche in 2013 inzwischen einen erheblichen Anteil hat. Inzwischen wird die Zunahme an Maisflächen in Deutschland unter den Aspekten Artenvielfalt und Bodenerosion kritisch diskutiert.
Mais:
Während die EU auf dem internationalen Weizenmarkt eine große Bedeutung hat, ist diese bei Mais deutlich geringer, egal ob man als Kriterium den Anteil an der Produktion, der Nachfrage oder am Handelsvolumen anlegt. Auch beträgt in der EUdie Maisfläche nur ein Drittel der Weizenfläche. Dabei ist Frankreich der mit deutlichem Abstand größte Produzent von Mais in der EU (Grafik 6), gefolgt von Italien und Rumänien.Bei der Fläche allerdings hat Rumänien die Nase vorn, doch hat das Land selbst in guten Jahreneine nur halb so hohe Produktivität wie Frankreich und Deutschland (Grafik 7).
Wie bei anderen Getreidearten auch wurde der europäische Markt für Mais inzwischen einer fast vollständigen Öffnung unterzogen. Während Mitte der80er Jahre die Preise für Mais in der EU noch dem 2,5-fachen der Preise entsprachen, zu dem internationale Anbieter ihre Ware hätten an der Grenze anbieten können, ist diese Differenz inzwischen quasi verschwunden: Die internationalen Preise – bereinigt um Transport- undVersicherungskosten – sind daher nun auch für EU-Ware eine wichtige Bestimmungsgröße.
Das bedeutet aber nicht, dass der Gleichlauf immer perfekt ist (Grafik 8): So gab es bei Mais insbesondere ab dem Frühjahr 2007 eine abweichende Bewegung, als in den USA die Preise sanken, während in Paris die Notierungen bis auf einRekordhoch von 265 EUR je Tonne Anfang September stiegen. Danach gaben die Preise in Paris bis Ende 2008 auf 110 EUR je Tonne nach, während sie in Chicago ab Oktober 2007 anzogen und Ende Juni 2008 Spitzenwerte erreichten, die erst in 2011 übertroffen wurden.
Erst ab Mitte 2008 setzte dann zumindest wieder eine gleichgerichtete Bewegung ein.Impulse für diesen Preisanstieg waren von der enormen Verteuerung von Weizen nach dürrebedingt in vielen Ländern sehr schlechten Getreideernten ausgegangen, in deren Folge die weltweiten Lagerbestände an Weizen nach dem bereits schlechten Vorjahr auf ein 26-Jahrestieffielen. Dabei war der Weizenpreis in Europa noch stärker gestiegen als in den USA.
Bei dem Streben nach Substitution teuren Weizens im Futtertrog stieß man in der EU aber raschan Grenzen, da aufgrund von Importrestriktionen nicht auf den in den USA verfügbaren genveränderten Mais zurückgegriffen werden konnte – ein Aspekt, der unten noch genauer betrachtet wird. Auch von Sommer 2010 bis Sommer 2011 lagen bei Weizen die europäischen Preise wieder deutlich über den US-Preisen, v.a. wegen der Nähe zur Schwarzmeerregion.
Europäische Exporteure profitierten vom Ausfall der dortigen Ware, nachdem Russland einen Exportstopp verhängt hatte und auch andere Länder beschränkend in den Handel eingriffen. Die Substitutionsbeziehung zwischen Weizen und Mais auch innerhalb der EU, zog dann auchdie EU-Maispreise mit nach oben.

In den letzten Wochen wird der Vergleich zwischen den Mais-Notierungen in Chicago und Paris dadurch erschwert, dass in Paris noch ein alterntiger Kontrakt, in Chicago dagegen schon ein neuerntiger Kontrakt das höchste Handelsvolumen aufweist. Gleiches gilt derzeit auch für den Preisvergleich zwischen EU-Mais und EU-Weizen. Betrachtet man dagegen Kontrakte mit ähnlicher Fälligkeit nach der Ernte (Grafik 9), dannzeigt sich auch für die EU-Maispreise ein deutlicher Abwärtstrend, der auf der Erwartung eines hohen Überschusses am globalen Maismarkt in der Saison 2013/14 basiert.
In 2012 mussten die Erwartungen an die EU-Maisernte mehrfach nach unten korrigiert werden. Während im Juli noch gut 65 Mio. Tonnen möglich schienen, wurden nach Angaben der EU-Kommission schließlich doch nur 58 Mio. Tonnen erzielt. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass nach Angaben der Prognoseeinheit MARS der EU-Kommission die Maiserträge mit nur gut 6 Tonnen je Hektar im Durchschnitt um 20% unter dem Vorjahreswert und fast 13% unter dem 5-jährigen Durchschnitt von knapp 7 Tonnen je Hektar lagen.
Besonders Süd- und Osteuropa hatten hohe trockenheitsbedingte Einbußen hinzunehmen. In 2011 waren nach Angaben der EU-Kommission 69 Mio. Tonnen Mais geerntet worden. Insgesamt war die Ernte zuletzt im Dürrejahr 2007 schlechter gewesen, als die EU-Preise ein vorläufiges Rekordniveau erreichten. Dieses Mal schnellten die Preise auf ein neues Rekordniveau um die 260 EUR je Tonne in die Höhe, angetrieben vor allem durch die sich abzeichnende angespannte globale Lage angesichts der Dürre in den USA.
Für 2013 wird mit einer sehr viel besseren EU-Maisernte als im Vorjahr gerechnet. Nach Schätzung von MARS soll der Ertrag um 19% auf 7,2 t/hazulegen. Da auch die Fläche um 3% ausgedehnt wurde, erwartet die Kommission ein Plus von 22% auf einen neuen Rekordwert von fast 71 Mio. Tonnen. Damit liegt sie am oberen Randder Schätzungen. Das USDA hat in seiner Juli-Prognose nur knapp 66 Mio. Tonnen eingestellt.