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Oil Markets Weekly

06.10.2008  |  Andy Sommer (HSH Nordbank)
Ölpreisentwicklung

Auch in der vergangenen Woche standen die Ölnotierungen ganz unter dem Einfluss der Finanzmarktkrise. So beschäftigte die Marktteilnehmer primär das Ringen um Mehrheiten für das Rettungspaket der US-Regierung und die Spekulationen um dessen Auswirkungen. Auch die Zustimmung des Repräsentantenhauses im zweiten Anlauf konnte die Sorgen der Marktteilnehmer vor gravierenden Folgen der Finanzmarktkrise für die US-Wirtschaft und damit weiter rückläufiger US-Ölnachfrage kaum beruhigen. Zudem kommt die Krise mit der Schieflage einiger europäischer Banken nun endgültig auch auf dem europäischen Festland an. Die Folgen für die hiesige Realwirtschaft dürfte auch die europäische Ölnachfrage dämpfen. Nachdem die Ölsorte Brent bereits am Freitag die Marke von 90 USD/Barrel unterbot, ging der Preis zum Wochenstart auf 87 USD/Barrel zurück. Der Wertverfall des EUR gegenüber dem USD trug ebenfalls zu dieser Entwicklung bei. Wir rechnen damit, dass der Ölpreis aber vorerst weiterhin bei hoher Volatilität um die 100 USD/Barrel pendeln sollte.

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Seit den Höchstständen von Mitte Juli ist der Preis für die Ölsorte Brent damit um gut 40% gefallen. Wir gehen davon aus, dass es sich bei den Niveaus im Juli um Übertreibungen gehandelt hat. Allerdings gibt es weiterhin zahlreiche Faktoren, die Unterstützung für die Ölpreise bieten können. So sind die Ölförderanlagen im Golf von Mexiko nach den Stürmen Gustav und Ike bisher nur zu einem Teil wieder in Betrieb und inmitten der Hurrikan-Saison besteht weiterhin das Risiko, dass Hurrikans erneut Schäden anrichten. Zudem dürften die geopolitischen Risiken preisunterstützend wirken. In Nigeria sorgt die Rebellengruppe MEND durch ihre fortlaufenden Anschläge auf Förderanlagen und Pipelines für Angebotsausfälle. Auch der Atomkonflikt mit dem Iran steckt in einer Sackgasse.

Der UN-Sicherheitsrat hat zuletzt den Iran erneut mit einer Resolution aufgefordert, die Urananreicherung zu stoppen, jedoch ohne neue Sanktionen. Teheran ist nicht bereit, auf die Forderungen einzugehen. Weiter sinkende Ölpreise sorgen darüber hinaus innerhalb der OPEC für Unruhe und stärken die Bereitschaft, die Produktionsmengen aggressiver zu kürzen. So ermahnte der iranische Ölminister Gholamhossein Nozari die OPEC-Mitglieder, sich an die vereinbarten Quoten zu halten, um das bestehende Überangebot am Markt zu reduzieren. Wir rechnen daher ausgehend von den aktuellen Niveaus kurzfristig mit höheren Ölpreisen, erst das Ende der Hurrikan-Saison im Atlantik (Ende November) sollte die Notierungen nachhaltig niedriger tendieren lassen. Zur Jahresmitte 2009 könnte der Ölpreis damit die 90 USD/Barrel ins Visier nehmen.

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US-Lagerbestände

Die US-Rohöllagervorräte konnten in der vergangenen Woche wieder zulegen, wobei der Anstieg mit 4,3 Mio. auf 294,5 Mio. boe sogar fast doppelt so hoch ausfiel wie erwartet worden war. Zurzeit sind infolge der Hurrikans Gustav und Ike noch knapp 59% der Ölförderanlagen im Golf von Mexiko außer Betrieb, bei den Erdgasförderungsanlagen sind es fast 48%. Die Zahlen machen deutlich, dass sich die Situation im Golf von Mexiko nach den Stürmen erst allmählich normalisiert. Die Lage bei den Importen entspannte sich dagegen, sie konnten wieder von 7,1 Mio. bpd auf knapp 9 Mio. bpd zulegen. Die allmähliche Normalisierung nach den Hurrikans hat dazu geführt, dass das Defizit zum 5-Jahres-Mittel bei den Rohöllagerbeständen auf 7,3 Mio. boe (2,4%) geschrumpft ist. Wir sehen dies nach wie vor aufgrund der reduzierten Nachfrage nicht als kritisch an.

Auch bei den Ölprodukten hinterlassen die genannten Stürme weiter ihre Spuren. Zwar stieg die Raffinerieauslastung von 66,7% auf 72,3% an, doch sie befindet sich immer noch auf vergleichsweise niedrigem Niveau. So sind die Mitteldestillate um 2,4 Mio. auf 123,1 Mio. boe gesunken; Marktbeobachter hatten mit einem wesentlich geringeren Minus gerechnet. Das Defizit zum 5-Jahres-Mittel vergrößert sich damit weiter, nimmt allerdings noch nicht das Ausmaß an, das bei den Benzinlagerbeständen zu verzeichnen ist. Die Benzinvorräte konnten zwar in der vergangenen Woche ihren Abwärtstrend durchbrechen – sie stiegen leicht um 0,9 Mio. auf 179,6 Mio. boe und trotzten damit rückläufigen Erwartungen –, nichtsdestotrotz befinden sich die Benzinlager 10,2% unterhalb ihres 5-Jahres-Mittels und 6,1% unterhalb des Vorjahresniveaus.

Sollte es in den kommenden Wochen - z.B. infolge weiterer sturmbedingter Raffinerieausfälle - nicht zu einer Stabilisierung der Benzinbestände kommen, dürfte dies trotz der konjunkturell und saisonal schwachen Nachfrage für Unterstützung bei den Preisen der leichten Rohölsorten sorgen. Wichtig ist zudem die Fortsetzung des Wiederaufbaus der Heizölvorräte, die fast 34% unterhalb des 5-Jahres-Durchschnitts und 15% unterhalb des Vorjahresniveaus liegen.

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Weitere Informationen

In der vergangenen Woche kamen erneut Spekulationen über eine engere Kooperation zwischen Russland und der OPEC auf. Hintergrund des russischen Vorgehens, die Annäherung an das Kartell zu suchen, dürfte die Verschlechterung der Beziehungen sowohl zu Europa als auch zu den USA sein. Zuletzt hatte insbesondere der Konflikt in Georgien für Unruhe gesorgt. Neben der OPEC versucht Moskau ebenfalls, Kooperationen mit Venezuela und dem Iran einzugehen. Zusammen würden Russland und die OPEC knapp die Hälfte des weltweiten Ölangebots kontrollieren, womit der Ölpreispolitik des Kartells noch mehr Bedeutung als bisher zukommen würde. Die Preisgestaltungsmacht der OPEC könnte damit weiter zunehmen bzw. die im Ölpreis enthaltende Prämie für politische Risiken dürfte zulegen. Allerdings hat der russische Energieminister Sergei Shmatko versichert, dass Russland nicht an koordinierten Angebotsanpassungen interessiert ist. Auf dem OPEC-Treffen im Dezember möchte Shmatko den russischen Ansatz näher darlegen. Höchstwahrscheinlich wird es eher darauf hinauslaufen, über eine stärkere Kooperation mit der OPEC Zugriff auf bestimmte Ölprojekte zu erlangen.

© Andy Sommer
Economics & Research

Quelle: HSH Nordbank AG





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