Oil Markets Weekly


Die Ölpreise erlebten in der vergangenen Woche einen kräftigen Rückgang von bis zu 10%. Einzig die Preise für Bunkeröl hielten sich weitgehend stabil und reagierten damit offensichtlich noch immer auf die zwei Wochen zuvor von der IEA gezeichneten Perspektiven, wonach durch die neuen hochkomplexen Raffineriekapazitäten zukünftig weniger Schweröl zur Verfügung stünde.
Die Preise für Rohöl und den anderen Ölprodukten wurden dagegen von mehreren Faktoren unter Druck gesetzt: Die Auswirkungen des Streiks in Brasilien blieben sehr begrenzt, die Lagerbestände in den USA stiegen in der vergangenen Woche überraschend an und neue Gespräche zwischen der UN und dem Iran schürten Hoffnungen auf eine baldige Beilegung des Atomstreits. Über das Wochenende erreichten uns jedoch einige preisstützende Nachrichten. So hat sich im Atlantik der Tropensturm “Dolly“ gebildet, der im Laufe der Woche möglicherweise in Richtung der Öl- und Gasförderanlagen im Golf von Mexiko zieht und die Iran-Gespräche ergaben keine neuen Lichtblicke für ein Ende des Konflikts.

Nach dem starken Preisrückgang der letzten Tage sehen wir das weitere Abwärtspotenzial zunächst nur noch als begrenzt an. Da die Hurrikan-Saison im Atlantik das Risiko von Preisspitzen mit sich bringt und die jüngsten Nachrichten aus Brasilien, Nigeria und dem Iran preisstützend wirken, rechnen wir bis in den Oktober hinein nicht mit weiteren nachhaltigen Preisrückgängen. Erst zum Jahresende dürfte eine Entspannung der Situation einkehren und die Preise in Richtung 110 USD drücken.

US-Lagerbestände
Das jüngste Zahlenwerk zu den US-Lagerbeständen hat wieder einmal die hohe Volatilität der Rohöl-Importe und damit deren Potenzial, die Marktteilnehmer zu überraschen, gezeigt. Nachdem in der Vorwoche noch ein Rückgang der Einfuhren um 621 Tsd. bpd zu einem Bestandsabbau von 5,8 Mio. boe geführt hatte, sorgte jetzt der Anstieg der Importe um über 1,24 Mio. bpd für einen Vorratsaufbau um 2,95 Mio. boe (+1,0%). Das Bestandsdefizit gegenüber dem 5-Jahres-Mittel verringerte sich damit etwas auf 17,6 Mio. boe. Dennoch stellt die unterdurchschnittliche Lagerauslastung eine Unterstützung für die Ölpreise dar - insbesondere im Hinblick auf die Lieferrisiken infolge der beginnenden Sturmsaison im Atlantik.

Die Raffinerieauslastung zog zuletzt wieder leicht an - um 0,3 Prozentpunkte auf 89,5%. Zusammen mit der unverändert schwachen Nachfrage - die USÖlnachfrage der vergangenen vier Wochen lag 2,0% unter dem Vergleichswert des Vorjahres - sorgte dies erneut für ansteigende Produktbestände. Die Benzinvorräte kletterten um 2,47 Mio. boe (+1,2%) und die Bestände der Mitteldestillate stiegen um 3,19 Mio. boe (+2,6%). Beide Produktklassen befinden sich damit weiterhin auf sehr komfortablen Niveaus.

Weitere Informationen
Der Streik brasilianischer Ölarbeiter im wichtigen Campos Bassin hat glücklicherweise kaum Auswirkungen auf die Ölproduktion des Landes gehabt. Anfänglich sorgte der Ausstand zwar für Förderkürzungen um 300 bis 400 Tsd. bpd, dies wurde jedoch durch Ersatzmannschaften kurzfristig behoben. Infolge des dadurch fehlenden Druckmittels kam es bislang zu keiner Einigung im Tarifstreit zwischen den Gewerkschaften und der staatlichen Ölgesellschaft Petrobras. Entsprechend drohen die Arbeitnehmervertreter mit einem erneuten Streik ab dem 5. August, in den dann auch die Arbeiter in anderen Regionen des Landes einsteigen könnten. Die Marktteilnehmer werden somit auch in den kommenden Wochen die Entwicklung des nach Venezuela zweitwichtigsten Ölproduzenten Lateinamerikas genau beobachten.
Aus Nigeria gab es zuletzt sowohl gute als auch schlechte Nachrichten für die Ölmärkte. Zunächst hob Chevron die Liefereinschränkungen für 120 Tsd. bpd seiner Förderkapazitäten auf, nachdem eine Pipeline, die Mitte Juni durch einen Anschlag beschädigt wurde, repariert wurde. Außerdem befindet sich das Unternehmen in der Neustart-Phase des Pennington-Ölfeldes. Dieses musste nach einem Anschlag im Mai 2007 außer Betrieb genommen werden. Zuvor hatte das Feld rund 20 Tsd. bpd besonders hochwertiges leichtes Öl geliefert. Am Donnerstag sprengten Rebellen jedoch einen Teil einer Ölpipeline der italienischen ENI, was zu einer Produktionskürzung um 47 Tsd. bpd führte. Wie lange ENI für die Reparatur benötigt, ist bislang nicht bekannt. Nigeria bleibt damit auch weiterhin ein wichtiger Risikofaktor für den globalen Ölmarkt.
© Andy Sommer
Economics & Research
Quelle: HSH Nordbank AG
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