Biogas: Hoffnungsträger oder “Totgeburt“?


“Trumpfkarte“ Güllebonus
Fakt ist auf jeden Fall, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen hierzulande bei Biogas gänzlich anders sind als bei Biodiesel und Ethanol. Während letztere von unserer Regierung, die sich gerne als Vorreiter in Sachen Klimaschutz sieht, so stark besteuert werden, dass ein Umstieg vom Benzin auf den “Sprit vom Acker“ für Autofahrer interessant ist, kommt Biogas in den Genuss der Einspeisevergütung nach dem Erneuerbaren Energiegesetz. Die großen deutschen Versorger müssen den aus Biogas erzeugten Strom genau wie die Pendants aus Sonnen- oder Windkraft zu festgeschriebene Preisen abnehmen, die eigentlich recht großzügig bemessen sind.
Auf Grund der gewaltigen Verteuerung vieler Ausgangs-Rohstoffe wie Mais konnten die Anlagen aber trotzdem nicht profitabel arbeiten. Genau hier liegt eben auch der entscheidende Schwachpunkt: Sonne und Wind gibt es anders als Agrar-Rohstoffe umsonst. Dieses Problem hat auch die Politik gesehen und die Einspeisevergütung zuletzt leicht angehoben. Ob das allein ausreicht, um die Profitabilität der Anlagen dauerhaft zu sichern, wird entscheidend davon abhängen, wohin sich die Getreidepreise entwickeln. Seit neustem hat die Branche aber eine weitere echte “Trumpfkarte“ erhalten: den so genannten Güllebonus. Anlagen die künftig vermehrt Gülle statt nachwachsender Rohstoffe einsetzen, erhalten je nach Größe des Kraftwerks (bis 500 Kilowatt) einen Bonus zwischen einem und vier Cents pro Kilowattstunde. Diese Verbesserung stellt unbestreitbar einen wichtigen Baustein dar, um das Segment aus der Krise zu führen
Ökologisch korrekt(er)
Die Möglichkeit, Energie aus Abfallprodukten zu erzeugen ist natürlich eine feine Sache und unterscheidet Biogas erheblich von Biodiesel und Ethanol, bei denen dies so noch nicht möglich ist, weswegen als Ausgangsrohstoffe vorwiegend Lebensmittel verwendet werden müssen. Dieser Umstand stößt zahlreichen Bürgern und Volksvertretern sauer auf. Immerhin gibt es auf der Welt noch zu viel Hunger, als dass es wünschenswert ist, Nahrungsmittel zu Kraftstoffen zu verarbeiten. Früher hieß es einmal: Das Vieh der reichen frisst das Korn der Armen. Heute fressen auch noch die Autos der Reichen das Getreide der Armen. Bedenklich ist darüber hinaus, dass in vielen Regionen massiv Regenwald abgeholzt wird, um Sojabohnen, Zucker oder Mais anzubauen. So etwas muss man ohne Ironie als Klimaschutz ad absurdum bezeichnen. Demgegenüber ist Biogas ökologisch wesentlich korrekter und hat längerfristig eher eine Zukunft als Biodiesel oder Ethanol.
Langfristig überwiegen Chancen
Insofern können Anleger sich in der Tat einen Einstieg in das Segment überlegen, zumal die Kurse der meisten Aktien in den vergangenen Monaten richtiggehend unter die Räder gekommen sind. Ob man jetzt sofort kauft, sollte man sich angesichts der Marktschwäche bei Dividenden-Papieren allerdings gut überlegen. Auf Sicht von mehreren Jahren überwiegen aber ganz klar die Chancen. Denn völlig perspektivlos ist Biogas ganz bestimmt nicht. Auf der anderen Seite wollen wir aber auch klarstellen, dass wir einen ähnlichen Mega-Boom wie bei Solar- und Windkraft vorerst nicht sehen. Dafür müsste die Effizienz der Biogasanlagen noch erheblich verbessert werden.
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