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Erdgas bald unbezahlbar?

10.06.2008  |  Marius Steininger
Die Meldung schlug ein wie eine Bombe: Obwohl die großen Erdgas-Förderer für das laufende Jahr bereits eine Preis-Erhöhung von 25 Prozent angekündigt hatten, wurden aus dem Bundesumweltministerium Befürchtungen laut, dass die Preise bis Herbst noch einmal um 40 Prozent in die Höhe schnellen könnten.

Dieses “Schreckgespenst“ rief denn auch ungeachtet des gegenwärtigen Fußball-Europameisterschafts-Fieber sogleich den lauten Ruf nach einer Beendigung der Kopplung der Gaspreise an die Rohöl-Notierungen auf den Plan. Aber wäre das überhaupt kurzfristig umsetzbar und würde eine Entkopplung wirklich zu sinkenden Gaspreisen führen?


Kopplung an Ölpreis nicht mehr zeitgemäß

Die Gaspreisbindung stammt aus den 60er Jahren - damals wurde die Infrastruktur für Gas gerade erst aufgebaut. Den Lieferanten sollte eine Garantie gegeben werden, dass sich ihre Investitionen in die Infrastruktur - vor allem in Pipelines - langfristig lohnen und sie die akquirierten Mengen auch absetzen können. Gleichzeitig sollten Kunden die Sicherheit bekommen, dass sie für Gas nicht mehr bezahlen müssen als für Öl. Diese Argumente, die vor rund 40 Jahren möglicherweise noch nachvollziehbar gewesen sein mögen, sind heute jedoch absolut nicht mehr zeitgemäß.

Die aufgebaute Förder-Infrastruktur hat sich für die Produzenten längst gerechnet und Absatz-Probleme gibt es bei Erdgas genauso wenig wie bei Rohöl. Und für die Kunden hat sich die früher vielleicht einmal gut gemeinte Preisbindung längst zum Bummerrang entwickelt. Heute mutet die Vorstellung, für Gas mehr als für Erdöl bezahlen zu müssen, geradezu absurd an. Kein Wunder also, dass unsere schlauen Volksvertreter auch gleich die Parade-Lösung zur Hand haben: Warum nicht einfach die Gaspreisbindung aufheben?


Keine schnelle Änderung in Sicht

Das klingt gut, entzieht sich aber dem Einflussbereich der ach so allmächtigen Politik. Denn die Kopplung basiert nicht auf einem Gesetz, sondern ist in den Verträgen zwischen Gaslieferanten und Kunden sowie den Produzenten und Vorlieferanten festgeschrieben. Das betrifft vor allem Verträge, die Unternehmen mit russischen Anbietern geschlossen haben.

So lange bei uns (gerade noch) Marktwirtschaft herrscht, können daher auch nur die Vertragspartner eine Änderung der lang laufenden (30 Jahre und mehr) Vereinbarungen herbeiführen. Diese jedoch winken müde lächelnd ab. Seitens der Produzenten kann das Beharren auf den Verträgen ja sogar noch nachvollzogen werden. Wer will schließlich für seine Güter freiwillig mehr Geld erhalten? Dass jedoch auch die deutschen “Gas-Giganten“ die gegenwärtige Situation vehement verteidigen und nicht wenigstens versprechen, etwas Druck auf die Partner auszuüben, stimmt schon erheblich bedenklicher.

Ganz offensichtlich sichert die Preisbindung diesen Konzernen üppige Gewinnmargen. Die Zeche bezahlt dabei wie immer der “deutsche Michel“ und daran wird sich kurzfristig auch nicht viel ändern. Denn die Gaspreisbindung wird uns sicherlich noch einige Zeit erhalten bleiben. Und das bedeutet dann eben: Wenn Öl teurer wird, gilt das auch für Gas.


Mehr Wettbewerb von Nöten

Abgesehen davon ist es aber ohnehin fraglich, ob eine Entkopplung des Gaspreises automatisch auch zu sinkenden Preisen für die Verbraucher führen würde. Auf der einen Seite reichen die vorhandenen Gas-Reserven wesentlich länger als die Öl-Vorräte. Insofern wäre es eigentlich nur logisch, dass die Preise niedriger sein müssten. Sicher ist das allerdings keineswegs.

Da es nur sehr weniger Länder gibt, die Gas liefern, bestünde die Gefahr eines Gas-Kartells, das die Preise quasi nach Belieben diktiert. Darüber hinaus würde eine Aufhebung des Gaspreises nur bei gleichzeitig voll funktionierendem Wettbewerb zu rückläufigen Verbraucherpreisen führen. Und genau daran hapert es hierzulande. Wie positiv sich mehr Wettbewerb auf die Kunden auswirkt, konnte man beispielsweise im Telekommunikations-Sektor sehen.

Bislang wehren sich die großen Versorger aber mit Händen und Füßen gegen Änderungen. Und so lange in dieser Hinsicht nichts geschieht, werden die Gaspreise hoch bleiben. Verbrauchern kann daher nur geraten werden, die Mehrkosten über das eine oder andere clevere Börsen-Investment zu erwirtschaften.


© Rohstoff-Express-Redaktion
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