Die Rückkehr in Richtung fundamentaler Ölpreisniveaus rückt weiter in die Ferne

Der rasante Preisanstieg von Rohöl hat sich in den vergangenen Wochen fortgesetzt. Die Positionierung der nicht kommerziellen Ölhändler, wie sie von der US-Aufsichtsbehörde für den Rohstoffterminhandel CFTC ausgewiesen wird, kann dafür kaum verantwortlich gemacht werden. Die Netto-Long-Positionierung der Spekulanten ist so niedrig wie seit Ende August 2007 nicht mehr, als die internationale Kreditkrise ausbrach. Auch wenn wir den Ölmarkt derzeit als überhitzt ansehen und mittelfristig mit einer Abwärtskorrektur rechnen, dürfte diese noch nicht in den kommenden Monaten eintreten.

Die Hurrikansaison im Golf von Mexiko (Juni bis November) und die US-Driving Season (Ende Mai bis September) werden einen Stimmungsumschwung am Ölmarkt zunächst verhindern. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% wird die diesjährige Saison laut dem US-Klimaforschungsinstitut NOAA mindestens sechs Hurrikans bringen, wobei zwei davon als besonders schwer eingeschätzt werden. Da die Mehrzahl der Hurrikans in die Monate August bis Oktober fällt, ist eine Vorwegnahme des Risikos von Produktionsausfällen durch Ölpreissteigerungen ab Mitte Juli zu erwarten.

2. Fundamentale Faktoren
Aus fundamentaler Sicht setzen sich die Tendenzen fort, die bereits seit einiger Zeit anhalten. Die Produktion aus den Nicht-OPEC-Ländern schwächelt. Russland meldete im Mai zum fünften Mal in Folge einen Rückgang seiner Outputmengen. Die OPEC-Länder beharren zwar darauf, dass es kein vorgezogenes Treffen geben wird, doch stieg ihre Produktion im Mai dank Saudi-Arabien und Iran an. Die globale Nachfragedynamik ist weiterhin stark, auch wenn die chinesischen Nettoimporte von Rohöl im April das erste Mal seit eineinhalb Jahren unter ihrem Vorjahresniveau lagen.
3. Unsere Meinung
Eine Veränderung bei den fundamental gerechtfertigten Ölpreisniveaus sehen wir zwar nicht, aber es spricht viel dafür, dass die Risikoprämien am Ölmarkt als Ausdruck der Vorwegnahme der zukünftigen Knappheit länger hoch bleiben werden. Die fundamentalen Ölpreisniveaus rücken durch die bullische Entwicklung der vergangenen Wochen weiter in die Ferne.

© Dr. Dora Borbély
Commodity Analyst
Quelle: Makro-Research: Volkswirtschaft Rohstoffe, DekaBank
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