Oil Markets Weekly


Nach der jüngsten Preisrallye setzten in der vergangenen Woche Gewinnmitnahmen an den Ölmärkten ein. Sowohl die kurz- als auch die langfristigen Futures verloren und bilden jetzt eine sehr flache Strukturkurve. Getrieben wurde diese Entwicklung insbesondere von Anzeichen, dass die hohen Ölpreise inzwischen zu einer größeren Gefahr für die globale Ölnachfrage werden. In vielen Industriestaaten kam es zu Protesten gegen die hohen Kraftstoffpreise und in einigen asiatischen Ländern wurden die subventionierten Inlandspreise teilweise kräftig angehoben (Bangladesch, Indonesien, Sri Lanka, Taiwan). Auch in Indien wird über Preisanhebungen diskutiert und in China bilden sich wieder Schlagen an den Tankstellen, nachdem die inländischen Raffinerien ihre Produktion wegen der hohen Importkosten reduzierten.
Ein weiterer Schritt, der zeigt, dass die Preise inzwischen ein kritisches Niveau erreicht haben, ist die Ankündigung der amerikanischen Commodity Futures Trading Commission, gemeinsam mit den europäischen Regulierungsbehörden für eine größere Transparenz an den Futures-Märkten sorgen zu wollen. Zusammen mit einem zeitweise wieder etwas stärkeren USD kompensierten diese Nachrichten die schwachen US-Lagerbestandsdaten, den erneut kräftigen Produktionsrückgang auf Cantarell, Mexikos größtem Ölfeld, und den Beginn der Sturmsaison im Atlantik.
Wir gehen weiterhin für die kommenden Monate von einem Rückgang der Ölnotierungen aus. Keine größeren Produktionsausfälle durch Hurrikans oder politische Zwischenfälle vorausgesetzt, sollten die sich abschwächende Nachfragedynamik und das nach wie vor hohe - und voraussichtlich weiter ansteigende - Angebot für Druck auf die Preise sorgen. Auch ein Abschwächen der Zuflüsse von Finanzinvestitionen infolge sich stabilisierender Devisen- und Aktienmärkte dürfte in diese Richtung wirken.

US-Lagerbestände
Die US-Rohölvorräte sind in der vergangenen Woche um 8,8 Mio. boe gefallen, erwartet wurde ein Plus von 0,1 Mio. boe. Neben der saisontypisch wachsenden Nachfrage der Raffinerien war hierfür ein erneuter Rückgang der Importe (-0,28 auf 8,96 Mio. bpd) verantwortlich. Das US-Energieministerium nannte als Begründung hierfür Verzögerungen bei der Entladung von Tankern an der Golfküste. Anderen Berichten zufolge soll LOOP, der Louisiana Offshore Oil Port, die Abfertigung verlangsamt haben, nachdem die Tankläger in Cushing, Oklahoma - dem Endpunkt der angeschlossenen Pipeline - an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen sind.
Aber auch der anhaltende Rückgang der Ölförderung Mexikos, die Folgen der Lieferausfälle aus Nigeria und die bislang überdurchschnittliche Vorratsposition sind u.E. als Gründe für den kräftigen Fall der Einfuhren in den letzten Wochen zu nennen. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass sich die Importe in den kommenden Wochen wieder erholen werden, nachdem in Nigeria ein Großteil der Förderkapazitäten wieder hergestellt ist und Saudi Arabien die Ölproduktion um 300 Tsd. bpd ausgeweitet hat. Begrenzt werden könnte dieser Zuwachs jedoch durch temporäre Schließungen wichtiger mexikanischer Häfen infolge der jetzt beginnenden Sturmsaison.

Die amerikanischen Benzinlagerbestände sanken in der letzten Woche - ebenfalls überraschend - um 3,2 Mio. boe. Dies führen wir jedoch unverändert auf die niedrige Raffinerieauslastung der vergangenen Wochen und das Timelag zwischen der Erhöhung der Aktivitäten und dem Produktoutput zurück. Auch eine Umorientierung der Raffinerien zugunsten der inzwischen höhermargigen Destillate dürfte hierbei eine Rolle spielen. Wie die jüngsten Daten der US-Energiebehörde belegen, ist die Nachfrage weiterhin schwach. In den vergangen vier Wochen wurde durchschnittlich 0,9% weniger Benzin verbraucht als vor einem Jahr.

Die Erholung der Destillatevorräte setzte sich auch in der vergangenen Woche fort. Die Lagerbestände kletterten um 1,6 Mio. boe.
Insgesamt liegen sowohl die Rohöl- als auch die meisten Produktvorräte inzwischen leicht unter ihrem 5-Jahres-Durchschnitt. Da von der konjunkturellen Seite jedoch keine Belebung zu erwarten ist und die Preise inzwischen “wehtuende“ Höhen erreicht haben, gehen wir davon aus, dass die Nachfrage weiterhin relativ schwach bleibt. Allein im ersten Quartal sank die Nachfrage um 4,2% gegenüber dem Vorjahr oder 850 Tsd. bpd. Gleichzeitig zieht die Aktivität der Raffinerien wieder an. Die Bestände sollten sich daher auch in den nächsten Wochen komfortabel innerhalb der Bandbreite der vergangenen fünf Jahre bewegen.
Weitere Informationen
Am 1. Juni hat offiziell die Hurricane Season 2008 im Atlantik begonnen. Diese dauert bis zum 30. November. Die Meteorologen erwarten eine erneut überdurchschnittlich aktive Saison. Mit “Alma“ hat sich bereits der erste Tropensturm gebildet und für Zerstörungen in Nicaragua sowie die Schließung zweier Exporthäfen in Mexiko gesorgt. Der Sturm hat sich inzwischen abgeschwächt und stellt keine Bedrohung für die Ölindustrie im Golf von Mexiko mehr dar.

© Andy Sommer
Economics & Research
Quelle: HSH Nordbank AG
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