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"Weizen-Rallye" jetzt endgültig vorbei?

15.02.2008  |  Marc Nitzsche
Lange Zeit sah es so aus, als würde die Marke von 1.000 US-Cents für Weizen eine unüberwindbare Hürde darstellen. In der letzten Woche jedoch belehrte uns der Markt eines Besseren. Am vergangenen Freitag vollzog Weizen sogar eine Limit-up-Bewegung. Ist damit der Startschuss für die nächste Phase der bemerkenswerter "Körner-Rallye" gefallen oder sollte man langsam aber sicher bereits Ausschau nach einem Einstiegs-Zeitpunkt auf der "kurzen Seite" halten?


Lagerbestände nochmals reduziert

Für nochmals reges Kauf-Interesse sorgten vor allem die jüngsten Schätzungen des US-Landwirtschaftsministeriums bezüglich der 2007/08er Endbestände. Zum Saisonende am 31. Mai sollen sich nunmehr nur noch 272 Millionen Scheffel in den amerikanischen Lagerhäusern befinden. Einen Monat zuvor gingen die Behörden noch von 292 Millionen Scheffeln aus. Die angekündigten 272 Millionen Scheffel sind der niedrigste Wert in den zurückliegenden 60 Jahren. Ähnliches gilt für das Ending Stock to Use Ratio, das auf nur noch zwölf Prozent schrumpfen soll. Nicht viel besser sieht es auf globaler Ebene aus: Hier rechnen die Experten mit einem Rückgang der Endbestände von 125 auf 110 Millionen Tonnen und einem Verhältnis zwischen Vorräten und Verbrauch von 18 Prozent.


Schwache US-Winterweizen-Ernte erwartet

Verantwortlich für diese außerordentlich angespannte Versorgungssituation ist unter anderem die aller Voraussicht nach deutlich unter den Erwartungen liegenden Winterweizen-Erträge in den USA. Wie kürzlich bekannt wurde beträgt die Anbaufläche in der laufenden Saison lediglich 46,6 Millionen Morgen. Das sind gerade einmal vier Prozent mehr als im letzten Wirtschaftsjahr. Die Mehrheit der Marktteilnehmer ging hier von einer Fläche im Bereich von 50 Millionen Acres aus. Abgesehen davon befindet sich der amerikanische Winterweizen in einer erkennbar schlechteren Verfassung als 2007. Ende November waren nur 44 Prozent des Weizens in einer guten bis ausgezeichneten Verfassung. Im vergangenen Jahr wurden 53 Prozent mit "good to excellent" bewertet. Wenngleich sich das Wetter in den vergangenen Wochen vor allem in den nördlichen und südlichen Plains etwas verbessert hat, dürfte dies dem Winterweizen nicht mehr großartig geholfen haben. Eine so gute Ernte wie 2007 werden wir in diesem Jahr sicherlich nicht sehen.


Anhaltendes Angebotsdefizit

Trotz des mittlerweile sehr hohen Preisniveaus erwartet das US-Landwirtschaftsministerium einen anhaltend hohen Verbrauch. Insgesamt soll dieser gut 2,3 Milliarden Scheffel betragen und damit knapp 300 Millionen Scheffel über dem Output liegen. Getrieben wird die Nachfrage vor allem durch den anhaltend starken Export aber auch der Inlands-Konsum zeigt sich erstaunlich robust. Nach heutigem Erkenntnisstand wird 2007/08 das dritte Wirtschaftsjahr in Folge mit einem Angebotsdefizit, wobei sich dieses sogar noch im Vergleich zu den beiden vorherigen Jahren ausweiten wird. Mit einer signifikanten Entspannung der Versorgungssituation ist damit vorerst eher nicht zu rechnen.


Markt erkennbar überhitzt

Ungeachtet der "bullischen" Fundamentals sind die gegenwärtigen Notierungen in jedem Fall zu einem Großteil spekulationsgetrieben. Gerade die Indexfonds mit ihren fast unerschöpflichen Mitteln aber auch viele Hedgefonds sind in den vergangenen Wochen und Monaten verstärkt auf den "Weizen-Zug" aufgesprungen. So lange die "Rallye" noch durch fundamentale Nachrichten untermauert wird, kann sie sicherlich noch etwas weitergehen, vor allem weil noch zahlreiche Kaufaufträge im Markt liegen, die noch ausgeführt werden müssen. Sobald dies jedoch geschehen ist, dürfte der Markt gen Süden drehen. Denn eins ist absolut klar: Die derzeitige Versorgungslage rechtfertigt vielleicht Kurse zwischen 800 und 850 US-Cents. Vierstellige Notierungen sind demgegenüber absolut übertrieben. Letztlich dürfte es daher nur eine Frage der Zeit sein, bis Weizen nach unten abdreht. Und möglicherweise geschieht das sogar schneller als einige es in der aktuellen Euphorie-Phase für möglich erachten.


Baldige technische Trendwende?

Auch unter charttechnischen Aspekten erscheint der Markt aktuell noch zu stark zu sein. Sämtliche Aufwärtstrends sind nach wie vor intakt und die jüngsten Rücksetzer sind lediglich als Korrektur des erfolgten Ausbruchs über das obere Bollinger Band zu werten. Gleichzeitig hält sich der Markt über seinen zentralen gleitenden Durchschnitten (neun und 18 Tage) und auch der MACD generiert unverändert ein Kaufsignal. Auch der RSI notiert komfortabel über der Marke von 50. Allerdings befindet sich dieser schon auf dem Rückzug. Nichtsdestotrotz sollten Short-Positionen allerfrühestens nach einem nachhaltigen Unterschreiten des Supports bei 1.000 US-Cents eröffnet werden. In diesem Fall wäre auch die Neun-Tage-Linie nach unten durchbrochen. Wer es etwas weniger aggressiv mag, sollte einen Kursrückgang bis auf unter 950 US-Cents abwarten. Erst dann könnte von einer echten möglichen Trendwende gesprochen werden.


© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader







Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de
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