Rohstoff-Express: Nickel - Kurserholung als Short-Chance?


Langjähriges Überangebot erwartet
Für eine Wette auf tendenziell fallende Notierungen spricht in jedem Fall der Umstand, dass namhafte Adressen ein langjähriges Überangebot an dem Industriemetall erwarten. So geht beispielsweise Barclays Capital davon aus, dass die Produktion die Nachfrage im aktuellen Jahr um 45.000 Tonnen übersteigen wird. Damit würde der Überschuss gegenüber dem Vorjahr um 73 Prozent zulegen. Der Überschuss würde in diesem Fall 46 Prozent der gesamten momentanen Lagerbestände an der London Metal Exchange (LME) entsprechen.
Der Angebotsdruck resultiert unter anderem daher, dass viele große Produzenten ungeachtet der nicht allzu hohen Weltmarktpreise ihren 2012er-Ausstoß erhöhen wollen. So kündigte er weltgrößte Nickel-Produzent Norilsk Nickel vor einiger Zeit an, den Nickel-Output um mindestens 1,7 Prozent auf 295.000 bis 305.000 Tonnen steigern zu wollen. Damit hätte die Gesamtmenge in etwa wieder das Niveau von 2010 erreicht, nachdem die Russen die Nickel-Produktion im vergangenen Jahr leicht zurückgefahren haben. Auch wenn es sicherlich übertrieben wäre, von einer massiven Nickel Schwemme zu sprechen, muss davon ausgegangen werden, dass das Primärangebot an Nickel in 2012 moderat zunimmt.
Stahl-Konjunktur als Zünglein an der Waage
Dies allein wäre nicht weiter tragisch, wenn sich auch genügend Abnehmer für das Buntmetall finden lassen. Doch genau das muss bezweifelt werden. Zum Einsatz kommt Nickel vor allem in der Stahl-Erzeugung. Genutzt wird das Metall dabei primär zur Veredelung. Und die Aussichten für die Stahl-Branche sind bestenfalls durchwachsen. Zwar gehen einige Experten von einem Anstieg der globalen Stahlnachfrage im laufenden Jahr von bis zu 4,5 Prozent aus. Dadurch würde zwingend auch der Bedarf an Nickel zunehmen.
Allerdings kann man sich des Eindrucks kaum erwehren, dass hier womöglich eher der Wunsch Vater des Gedankens ist. Andere Analysten prognostizieren dem Stahlsektor und damit auch dem Nickelmarkt nicht nur ein schwieriges Jahr 2012 sondern rechnen auch in den beiden Jahren danach nur mit kleinen Verbesserungen. Zugegeben: In den nach wie vor boomenden Schwellenländern wird der Industrialisierungsprozess weiter voranschreiten und dafür benötigt man große Mengen Stahl.
Auf der anderen Seite zeigen selbst Staaten wie China und Indien erste Anzeichen einer Wachstumsabschwächung - von den etablierten Industrie-Staaten westlicher Prägung ganz zu schweigen. Und ob die Emerging Markets die Nachfrage-Ausfälle aus diesen Regionen vollständig kompensieren können, ist eher fraglich. Zusammenfassend liefert die fundamentale Betrachtung des Nickel-Markts ein ziemlich tristes Bild in Bebzug auf Kurszuwächse. Wohl auch deshalb sehen von Boomberg befragte Analysten den NickelPreis am Ende des Jahres im Durchschnitt nur noch bei 17.630 Dollar. Allein unter Angebot/Nachfrage-Aspekten können wir uns sogar noch tiefere Notierungen vorstellen.
Charttechnisch unentschlossen!
Nicht ganz so eindeutig fällt die charttechnische Bewertung aus, weil Nickel sich in dieser Hinsicht etwas unentschlossen präsentiert. Positiv anzumerken ist zunächst, dass der Abwärtstrend seit Anfang 2011 durch den jüngsten Kursanstieg der Vergangenheit angehört. Derzeit noch intakt - allerdings sehr knapp - ist dafür der kleine Aufwärtstrend seit Ende letzten Jahres. Verhalten bullisch stimmt darüber hinaus der Umstand, dass Nickel noch knapp über seiner 38-Tage-Linie notiert. Ob das allerdings so bleibt, muss sich zeigen.
Immerhin notiert Nickel gegenwärtig bereits wieder unter seinem 200tägigen Gleitenden Durchschnitt, was als bärisches Signal zu werten ist. Und geht es nach den Indikatoren, dürfte das Unterschreiten der 38-Tage-Linie nicht mehr allzu lange dauern. Sowohl der MACD als auch die Stochastik generieren nach dem unlängst erfolgten Kursrutsch von rund 22.000 auf nur noch gut 20.200 US-Dollar unübersehbare Verkaufsignale. Zudem sind das Momentum und der RSI ins bärische Terrain vorgedrungen. Angesichts dessen stehen auch die Chancen nicht sonderlich gut, dass der wichtige Support bei 20.000 Dollar dauerhaft verteidigt werden kann. Sollte dieser demnächst unterschritten werden, drohen Anschlussverkäufe bis zum 2011er-Tief bei etwa 17.000 Dollar. In diesem Bereich liegt die nächste Unterstützung.
Fazit:
Unter fundamentalen Aspekten besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass eine Tonne Nickel bereits in absehbarer Zeit erkennbar weniger als 20.000 Dollar kostet. Allerdings kann auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die Aktienmärkte, die aktuell die Konjunktur-Erholungs-Karte spielen, Recht behalten. Dann dürfte auch die Nickel-Nachfrage erkennbar anziehen. Für uns drängen sich Engagements in Nickel derzeit nicht auf. Aber wer sein Glück unbedingt versuchen möchte, sollte eher die kurze Seite bevorzugen.
© Rohstoff-Express-Redaktion
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