Oil Markets Monthly

Iran-Konflikt schürt Angebotsrisiken
In den kommenden Monaten wird der Fokus beim Ölmarkt auf der Angebotsseite liegen. Die EU hat Ende Januar beschlossen, ab dem 1. Juli kein Rohöl mehr aus dem Iran zu beziehen. Damit versucht sie den besonders auf iranische Ölimporte angewiesenen Länder Italien, Spanien und Griechenland genügend Zeit zu geben, neue Lieferanten zu finden. Für die mit Schuldenproblemen kämpfenden Länder ist das Ölembargo eine zusätzliche Belastung; vor allem Griechenland waren von dem Iran besondere Konditionen gewährt worden.
Das EU-Ölembargo verschärft zusammen mit den von den USA und Großbritannien beschlossenen Finanzsanktionen den Druck auf den Iran erheblich, worauf dieser damit gedroht hat, die Öllieferungen an die EU schon vor der geplanten Frist einzustellen. Für Großbritannien und Frankreich hat Teheran zuletzt diese Drohung auch wahrgemacht. Rund 30% der iranischen Ölexporte gehen in die EU. Für diese Rohölströme muss er nun neue Abnehmer finden, aller Wahrscheinlichkeit nach in Asien.
Dies könnten beispielsweise Indien und China sein, neben der EU ebenfalls große Abnehmer von iranischem Öl. Diese könnten durchaus daran interessiert sein, mit einem Preisabschlag versehenes Rohöl aus dem Iran zu kaufen, müssten aber dafür Lieferungen aus anderen Ländern reduzieren, wozu sie nur zu einem gewissen Grad bereit sein dürften. Aber auch die Finanzsanktionen schnüren dem Iran die Luft ab. Denn damit wird es zunehmend schwierig, die Bezahlung der Öllieferungen über die iranische Notenbank zu regeln. Das führt zu Tauschgeschäften sowie einer Bezahlung mit Gold und damit einer zunehmenden Komplexität.
Einzelne Länder, wie zum Beispiel Japan und Südkorea, importieren zwar noch iranisches Öl, dürften sich aufgrund dieser Situation aber längerfristig nach alternativen Öllieferanten umschauen. Auf Sicht der nächsten Monate sollte es daher zu massiven Umschichtungen bei den Ölhandelsströmen kommen, was für Unsicherheit sorgt und damit den Brent-Preis auf hohen Niveaus hält.
Für das ausgefallene iranische Rohöl bedarf es zum Teil einer Kompensation, insbesondere für die EU. Das richtet sich vor allem an die Länder mit größeren freien Kapazitäten, d.h. Saudi-Arabien oder Kuwait. Saudi-Arabien hat auch schon signalisiert, dass es durchaus bereit wäre, seine Ölproduktion als Kompensation für die Ausfälle zu erhöhen.
Zuletzt betrugen die freien Kapazitäten des Landes 2 Mio. bpd - die Frage ist allerdings, wie dauerhaft Saudi-Arabien tatsächlich seine Förderung erhöhen kann. Entscheidend für den Ölmarkt aber ist, dass durch die Umschichtung der weltweiten Ölhandelsströme die freien Kapazitäten der OPEC angetastet werden müssen, die zudem in den vergangenen Monaten gesunken sind und nun ein Niveau von 3,7 Mio. bpd markieren. Dies führt vor Augen, wie knapp das gesamte Ölangebot ist, was ebenfalls zeitweise für einen höheren Brent-Preis oberhalb der 120 USD/Barrel spricht.

Wie wird sich der Konflikt mit dem Iran weiter entwickeln? Das ist schwierig abzu-schätzen. In unserem Basisszenario gehen wir aber davon aus, dass es nicht zu einer Eskalation des Konfliktes kommt. Trotz aller bisherigen Provokationen - verschärfte Sanktionen von Seiten des Westens, Drohungen auf Seiten des Irans - dürften beide Parteien wohl letztlich doch vor Handlungen zurückschrecken, die zu einem Krieg führen könnten. Aber mit den letzten Entwicklungen hat sich das Risiko für ein solches Szenario erhöht. Der Iran wird mit den neuen Sanktionen zunehmend in die Enge getrieben, ist aber gleichzeitig nicht bereit, im Streit um sein Atomprogramm einzulenken.
Zuletzt erklärte die Atombehörde der Vereinten Nationen IAEA die Gespräche mit dem Iran für gescheitert, nachdem Inspektoren der Zugang zu einer Militäranlage verwehrt worden war. Die Behörde vermutete dort eine Kammer für Explosionstests, die als Indiz für die Entwicklung von Kernwaffen gelten könnte. Israel fühlt sich durch das möglicherweise für Militärzwecke genutzte Atomprogramm des Irans bedroht und hat seinerseits angekündigt, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Dies zeigt, wie brisant die Situation ist und wie schnell sie außer Kontrolle geraten kann.
Das Eskalationspotenzial darf nicht vernachlässigt werden, nichtsdestotrotz gehen wir insgesamt davon aus, dass der Wille vorhanden ist, sich auf diplomatischem Weg zu einigen. Dafür müsste allerdings der Iran zu Zugeständnissen bereit sein. Erst damit könnte sich allmählich die Situation entschärfen. Geht der Iran jedoch unverändert seinen eigenen Weg und forciert die militärische Nutzung seines Atomprogramms, so droht tatsächlich eine militärische Auseinandersetzung mit einer unkalkulierbaren Aufwärtsbewegung für den Ölpreis. Der im März anstehenden Parlamentswahl könnte dabei eine besondere Bedeutung zukommen, denn die aktuelle Politik des Irans wird dominiert von innenpolitischem Druck.
© Sintje Boie
Volkswirtschaft & Research
Quelle: HSH Nordbank AG
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