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Oil Markets Monthly

13.05.2010  |  Sintje Diek (HSH Nordbank)
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Ölkatastrophe im Golf von Mexiko


Ende April ist im Golf von Mexiko die Ölplattform “Deepwater Horizon“, die der Ölbohrspezialist Transocean im Auftrag des britischen Öl- und Gaskonzerns BP betrieben hat, nach einer schweren Explosion in Brand geraten und anschließend gesunken. Das Unglück hat zur Bildung eines riesigen Ölteppichs geführt, denn über mehrere Lecks ist Rohöl ausgetreten, wozu auch das letzte Bohrloch der Ölplattform gehört. Nach Angaben der Meeresschutzbehörde NOAA summiert sich das auslaufende Öl täglich auf 5.000 Barrel, umgerechnet rund 800.000 Liter.

Eins der bestehenden Lecks konnte schon abgedichtet werden, doch für die anderen undichten Stellen sind bisher alle entsprechenden Versuche gescheitert. Zuletzt hatte BP eine Stahlbetonglocke an den Unglücksort bugsiert, um das offene Bohrloch zu schließen. Zwar gelangte die Glocke unbeschadet an ihren Bestimmungsort in 1500 m Wassertiefe, doch dann bildeten sich aufgrund der großen Kälte Kristalle aus Öl und Wasser in dem Behälter. Diese sammelten sich an der Spitze der Kuppel, wodurch die Kuppel instabil wurde und zu schwimmen begann und wieder abgezogen werden musste. Jetzt soll bis Ende der Woche ein erneuter Versuch mit einer kleineren Stahlkuppel gestartet werden. Bis zu 85% des Ölflusses hätten durch die Kuppel gestoppt werden können.

Inzwischen erreicht das Öl bereits die Küstenregion – die Staaten Alabama, Louisiana, Florida, Texas und Mississippi könnten davon betroffen sein –, was der Krisenstab unbedingt verhindern wollte, da damit sensible Ökosysteme sowie Fischerei und Tourismus bedroht sind. Der Kampf gegen den sich ausbreitenden Ölteppich wird mit schwimmenden Barrieren sowie einem kontrollierten Abfackeln, Absaugen und Binden des Öls durch den Einsatz von Chemikalien geführt. Daneben gehen die Entlastungsbohrungen am Meeresboden weiter, durch die die Öllecks zum Versiegen gebracht werden sollen.

Die Katastrophe stellt die Ölbohrungen in der Tiefsee - damit sind Ölprojekte gemeint, die in mehr als 1000 m Wassertiefe stattfinden - in Frage. Erst kürzlich hatte US-Präsident Barack Obama in einer energiepolitischen Kehrtwende angekündigt, weitere Bereiche im Golf von Mexiko sowie im Atlantik für Öl- und Gasbohrungen freizugeben. Künftig soll beispielsweise auch in der ökologisch sensiblen Region vor Alaska Öl gefördert werden.

Obama begründete seinen neuen Kurs unter anderem mit neuen, umweltschonenden Technologien. Doch dies dürfte nun erneut zur Diskussion stehen. BP-Chef Hayward erklärte das Unglück damit, dass vor der Explosion der Bohrinsel ein Abdichtknopf versagt hat. Dabei handelt es sich um ein großes Ventil an der Spitze des Bohrlochs, mit dem das Herausfließen von Öl verhindert werden kann. Derzeit wird die Katastrophe offiziell untersucht, von diesem Ergebnis hängen weitere Entscheidungen ab. Bis dahin sind Genehmigungen für Ölprojekte in der Tiefsee ausgesetzt.

Bohrungen in der Tiefsee sind mit erheblichen Risiken verbunden. Die Temperaturen und Druckverhältnisse sind extrem und schwer kalkulierbar, was die Ölgewinnung aufwendig und teuer macht. Angesichts des technischen Fortschritts bei der Bohrtechnik sowie der höheren Ölpreise ist es in den letzten Jahren möglich und rentabel geworden, auch in schwer erreichbaren Unterwasserregionen zu bohren.

Doch die Entwicklung ist auch getrieben von der Notwendigkeit, neue Ölfelder zu erschließen, um die in der Zukunft dynamisch wachsende Nachfrage zu befriedigen. Außerdem sind die internationalen Ölkonzerne auf diese Ölprojekte angewiesen, denn ein Großteil der bekannten Öl- und Gasreserven liegt in politisch instabilen Regionen und wird von staatlichen Unternehmen kontrolliert. Im Golf von Mexiko summieren sich die bereits erforschten Ölfelder in der Tiefsee auf insgesamt knapp 8 Mrd. Barrel. Die Tiefseevorkommen sind allerdings nicht nur auf den Golf von Mexiko begrenzt. Vor allem vor der brasilianischen Küste erstrecken sich gewaltige Ölvorkommen. Die dort bereits bekannten Ölfelder umfassen gut das Doppelte der Vorkommen im Golf von Mexiko. Nicht erfasst ist hierbei das möglicherweise noch in den Tiefen des Meeres schlummernde, wenig erforschte Potenzial.

Um die Ölvorkommen in der Tiefsee nutzen zu können, muss allerdings das Risiko kalkulierbar sein. Entsprechend müssen strenge Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, die wohl im Fall von “Deepwater Horizon“ aufgrund laxer gesetzlicher Vorschriften der US-Behörden vernachlässigt worden sind. So ist auf Bohrinseln vor der Küste Norwegens und Brasiliens ein Schalter für ein Unterwasserventil vorgeschrieben, mit dem das Bohrloch im Notfall wie mit einer Fernbedienung verschlossen werden kann. Es ist eine Art Notbremse, wenn alle anderen Sicherheitssysteme versagen. Kritisch zu sehen ist auch, dass BP bei der Genehmigung der Tiefseebohrungen keinen Notfallplan zur Abdichtung möglicher Lecks vorlegen musste.


© Sintje Diek
Economics & Research

Quelle: HSH Nordbank AG





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