Industriemetalle: Eine Frage der Perspektive


Nach dem durch Wirtschafts- und Finanzkrise bedingten Einbruch der Metallpreise im vergangenen Jahr setzte im Frühjahr 2009 eine dynamische Aufwärtsbewegung ein, welche bis heute anhält und in deren Zuge Kupfer und Co. den stärksten Preiszuwachs seit mehr als zwei Jahrzehnten zu verzeichnen hatten. Nach 11 Monaten steht für die Basismetalle im laufenden Jahr ein Plus von durchschnittlich knapp 80% zu Buche. Einzelne Metalle, wie Kupfer und Blei haben sich inzwischen bereits mehr als verdoppelt.
Die explosive Erholung ist um so bemerkenswerter, da sie in einem Umfeld von steigenden Lagerbeständen und allenfalls schwacher Konjunkturerholung stattfindet. In den vergangenen Wochen und Monaten haben wir daher mehrfach betont, dass die Basismetallpreise der realwirtschaftlichen Entwicklung u.E. vorausgelaufen sind. Dies wirft die Frage auf, ob es sich dabei nur um ein “normales“ Überschießen der Metallnotierungen handelt oder, wie von einigen Marktauguren attestiert, bereits eine Blasenbildung vorliegt.

Historische Metallpreisentwicklung als Maßstab
In Ermangelung eines gängigen Konzeptes zur Bewertung von Basismetallpreisen haben wir das aktuelle Preisniveau unter Verwendung verschiedener Ansätze einer näheren Überprüfung unterzogen. Einen ersten Hinweis soll dabei der Vergleich mit früheren Rezessionen und den entsprechenden Preisentwicklungen liefern. Nimmt man etwa die letzten vier großen wirtschaftlichen Abschwungphasen zum Maßstab, so erscheint der jüngste Aufwärtstrend keineswegs als anormal bzw. überhöht. Zwar gab es in keiner der vergangenen Rezessionen eine derart ausgeprägte Preiserholung wie aktuell. Auf der anderen Seite war jedoch auch niemals zuvor ein ähnlich rasanter Einbruch vorausgegangen (-54% vom Rezessionsbeginn im Dezember 2007 bis Februar 2009). Gemessen an der Ausgangsbasis zu Beginn des Abschwungs liegt die jüngste Entwicklung damit durchaus im Rahmen der historischen Erfahrung (Abb. Mitte).

Bewertung anhand langfristiger realer Preise
In einem zweiten Schritt soll die langfristige reale Preisentwicklung als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Hierzu berechneten wir für die die Metalle Kupfer, Aluminium, Nickel, Zink und Blei jeweils die inflationsbereinigte Preisentwicklung seit 1999. Um das aktuelle reale Preisniveau in einen längerfristigen Kontext einordnen zu können, haben wir dieses in Relation zum Durchschnitt der letzten fünf bzw. zehn Jahre gesetzt. Wie nebenstehender Chart zeigt, notieren derzeit nur Kupfer und Blei oberhalb ihres langfristigen realen Mittelwerts. Die Preise von Aluminium, Nickel und Zink sind aus längerfristiger Perspektive dagegen sogar als günstig einzustufen. Gemessen an der inflationsbereinigten Preisentwicklung deutet somit wenig auf eine breite Überbewertung der NE-Metalle hin.
