Krisengewinner Gold


Gold gilt als sicherer Hafen in stürmischen Zeiten, nicht zuletzt in einem Umfeld, in dem das Vertrauen in die Stabilität des Finanzsystems rapide schwand. Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten für Gold. Wenn Investoren der Risikoappetit vergeht, greifen sie gerne zu Gold. Mit dem Edelmetall schützen sich Anleger zudem seit je her vor einem Kaufkraftverlust der Papierwährungen. So ging ein steigender Goldpreis oft mit anziehender Inflation und einer Dollarabwertung einher. Gold verzinst sich nicht und ist mit Lagerungskosten verbunden. Dieser Nachteil relativiert sich allerdings angesichts des ohnehin niedrigen Zinsniveaus, das andere Anlagen momentan bieten.
Nun ist der Erwerb von Gold zu Anlagezwecken nur ein kleiner Teil der globalen Nachfrage, die eigentlich von der Schmuckherstellung und industriellen Verwendung dominiert wird. Er überlagert aber oft die fundamentale Angebots- und Nachfragedynamik. Diese würde derzeit einem steigenden Goldpreis eher entgegenstehen. Denn die Nachfrage nach Gold in der Schmuckbranche ist rückläufig, was angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten, des hohen Goldpreises und schwacher Währungen in Hauptabnehmerländern wie Indien nicht überrascht. Die Produktion ist aber nicht in gleichem Ausmaß gesunken, so dass sich gegenwärtig ein Angebotsüberhang ergibt.
Die steigende Investmentnachfrage nach Gold fußt nicht nur auf dem Kauf traditioneller Münzen und Barren. Dafür sind auch neuere Vehikel wie etwa ETFs verantwortlich, die Gold für ihre Anteilsinhaber erwerben und lagern. Der auf dem US-Markt erhältliche SPDR Gold Shares besitzt mittlerweile die sechstgrößten Goldvorräte weltweit. (Mehr zu den Gold-Anlagemöglichkeiten auf dem deutschen Markt lesen Sie hier.)
Nun gehen die wenigsten davon aus, dass die Finanzkrise allzu bald ausgestanden ist, was tendenziell gut für Gold wäre. Wenn andererseits die Konjunkturbelebungsmaßnahmen funktionieren, sollte die Inflation angeheizt werden – ebenfalls ein Plus für Gold.
So scheint man mit Gold auf der sicheren Seite zu sein. Dennoch ist Vorsicht angebracht. Obwohl Gold als Hort der Stabilität in Krisenzeiten gilt, ist der Goldpreis doch alles andere als beständig. Dazu spielen bei der Preisbildung zu viele emotionale Faktoren eine Rolle. Es wäre auch verkürzt, den Höhenflug des Edelmetalls nur an Angstfaktoren festzumachen. Auch am weltweiten Rohstoffboom vor Ausbruch der Kreditkrise hatte Gold einen gewichtigen Anteil und lockte viele spekulative Investoren.
Aus diesen Gründen ist auch der Goldpreis vor einer Überhitzung nicht gefeit. Wer in spekulativer Absicht auf steigenden Notierungen setzt, kann auch auf die Nase fliegen – schließlich haben viele Käufer ihre Neigung zu prozyklischem Verhalten schon ein ums andere Mal unter Beweis gestellt. Gold hat inflationsbereinigt zwar noch nicht wieder den Höchststand Anfang der 1980er Jahre erreicht (der bei etwa 2300 US-Dollar pro Feinunze liegen würde), doch die lange Durststrecke in den 80er und 90er Jahren dürfte vielen noch in Erinnerung sein. Das Argument von Wertaufbewahrung und –erhalt zieht folglich nicht immer. Letztendlich wird Gold den meisten Anlegern als Depotbeimischung vor allem zur Risikodiversifizierung gute Dienste leisten.
© Natalia Wolfstetter
Fondsanalystin bei Morningstar
Natalia Wolfstetter ist Fondsanalystin bei Morningstar Deutschland. Sie würde gerne Ihre Anmerkungen hören, kann jedoch keine Anlageempfehlungen aussprechen.