Oil Markets Weekly

Im Rahmen unserer quartalsweise erscheinenden Publikation “Finanzmarkttrends“ haben wir auch unsere Ölpreisprognosen angepasst. Die Rohölpreise sind in den vergangenen Monaten deutlich stärker eingebrochen als von uns erwartet. Mit rund 55 USD kosten Brent und WTI inzwischen über 60% weniger als noch im Juli. Insbesondere die schwächelnde Wirtschaftslage in den Industriestaaten drückte massiv auf die Ölnachfrage und damit auf die Preise. Weitere wichtige Faktoren waren der erstarkende USDollar und das De-leveraging vieler Marktteilnehmer. Selbst die weiterhin überproportional wachsende Nachfrage außerhalb der OECD, zwei kräftige Hurrikans im Golf von Mexiko, die Kürzung der Ölförderung durch die OPEC und zahlreiche Projektverschiebungen weltweit konnten diesen Preisverfall nicht aufhalten.
Der Ölbedarf in den OECD-Staaten, allen voran in den USA, ist im dritten Quartal um fast 4% auf 47,0 Mio. bpd zurückgegangen. Wir rechnen zwar nicht damit, dass sich diese Raten fortschreiben lassen. Unsere neue Konjunkturprognose, in der wir für nahezu alle OECD-Länder von einer Schrumpfung der Wirtschaftsaktivitäten ausgehen, impliziert jedoch auch für 2009 einen rückläufigen Ölbedarf der Industriestaaten. Ob die Nachfrage im kommenden Jahr erstmals seit 1993 auch auf globaler Ebene fällt, hängt somit entscheidend von der konjunkturellen Entwicklung der Emerging Markets ab. Abzusehen ist, dass mangels Exportmöglichkeiten die asiatischen Wirtschaften langsamer wachsen werden und auch im Mittleren Osten und in Russland die jüngsten Wachstumsraten nicht aufrechterhalten werden können. Wir gehen daher nur von einem minimalen globalen Nachfrage-Plus von 0,1% bzw. 100 Tsd. bpd aus.
Auf der Angebotsseite dürften die kommenden Monate von einem Schub bei den Kapazitäten der Nicht-OPEC-Staaten (v.a. Aserbaidschan, Biofuels, Brasilien, Kanada) geprägt sein. Andererseits hat die OPEC bereits mit einer deutlichen Kürzung ihrer Produktion begonnen und wird diese Strategie voraussichtlich fortsetzen. Außerdem führen die niedrigen Preise und die Finanzierungsprobleme vieler Unternehmen zur Verschiebung oder sogar Absage von Instandhaltungs- und Erweiterungsinvestitionen (z.B. bei Ölsand und Raffinerien), was die Produktionskapazitäten weltweit beeinträchtigt.
Die schwache Nachfrageentwicklung der kommenden Quartale dürfte die Ölpreise zunächst auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau halten, weshalb wir unsere Preisprognosen deutlich reduziert haben. Die rigorose Reaktion der OPEC und die Aussicht auf Angebotsengpässe, sobald die Nachfrage zurück auf den Wachstumspfad kehrt, sollten andererseits jedoch allmählich einen Boden unter die Notierungen ziehen. Gleichzeitig rechnen wir mit einer Abwertung des US-Dollars, was die Preise ebenfalls unterstützen wird. Vor diesem Hintergrund gehen wir für die nächsten Monate von einer Seitwärtsbewegung bei Brent und WTI zwischen 55 und 75 USD aus. Zum Jahresende 2009 dürften im Zuge einer Konjunkturstabilisierung wieder höhere Preise auf der Tagesordnung stehen.
Die International Energy Agency (IEA) hat am vergangenen Mittwoch ihren World Energy Outlook veröffentlicht. Darin stellt sie dar, dass das weltweite Ölangebot von 84 Mio. bpd im vergangenen Jahr bis auf 106 Mio. bpd im Jahr 2030 ansteigen dürfte. Dabei fällt die Angebotsschätzung für 2030 um 10 Mio. bpd niedriger aus als das letzte Mal. Die Agentur macht deutlich, dass das Angebot an konventionellem Öl bis zum Jahr 2030 allmählich ein Plateau erreichen sollte. Massive Investitionen sind nötig, um das Ölangebot auszudehnen und damit der steigenden Nachfrage zu begegnen. Zudem ist bei vielen älteren Ölfeldern die Ölproduktion schon seit längerem rückläufig, was kompensiert werden muss. Momentan geht die Ölproduktion bei allen Ölfeldern, die ihr Fördermaximum schon erreicht haben, im Durchschnitt mit einer Rate von 6,7% p.a. zurück. Im Jahre 2030 dürfte diese Rate schon 8,6% betragen. Die derzeit vergleichsweise niedrigen Ölpreise führen jedoch dazu, dass Investitionen verschoben oder überhaupt nicht getätigt werden. Dies könnte, wenn sich die Konjunktur und damit die Ölnachfrage wieder erholt, erneut steigende Ölpreise bedingen.
Auch die Ölnachfrage wird weniger stark zunehmen als das letzte Mal prognostiziert. Die IEA geht davon aus, dass die Nachfrage bis 2030 von 86,1 Mio. bpd im Jahre 2007 jährlich um 1% wachsen sollte. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass sich weltweit die Konjunkturperspektiven verdunkeln. Viele Länder befinden sich bereits in der Rezession, was die Ölnachfrage auch weiterhin dämpfen sollte. Allerdings spielt auch eine Rolle, dass die hohen Ölpreise in der jüngsten Vergangenheit - Mitte Juli erreichten die Ölpreise ein Rekordhoch von 147 USD/Barrel - zu mehr Energieeffizienz und Substitution geführt haben.
Darüber hinaus hat die IEA in ihrem monatlichen Ölmarktbericht ihre kurzfristigen Prognosen angepasst. Im laufenden Jahr dürfte das Wachstum der Ölnachfrage mit 120 Tsd. auf 86,2 Mio. bpd so wenig zulegen wie schon lange nicht mehr. Nächstes Jahr sollte die Ölnachfrage um 350 Tsd. bpd steigen - die Hälfte weniger als noch vor einem Monat gedacht. Auch diese Prognoseanpassung ist der weltweit stattfindenden wirtschaftlichen Abkühlung im Zuge der Finanzmarktkrise geschuldet.
© Andy Sommer
Economics & Research
Quelle: HSH Nordbank AG
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