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Gold meldet sich beeindruckend zurück

23.10.2023  |  Björn Heidkamp (Kagels Trading)

Der abgebildete Chart zeigt die historische Kursentwicklung des Gold Futures von 1988 bis heute, bei Kursen von 1.994,40 USD/Unze. Ein Notierungsstab bildet die Kursschwankungen des Gold Futures für ein Quartal ab.

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Gold seit Mitte 2020 in trendbestätigender Konsolidierung

Aus der "großen" Perspektive des Quartalscharts bleibt die Situation des gelben Edelmetalls unverändert: Seit drei Jahren handelt der Gold Future in einer großen neutralen Seitwärtsbewegung zwischen den Unterstützungen bei 1.684 und 1.673 und den Widerständen um 2.063 und 2.079. Die Zone zwischen den langfristigen Widerständen aus August 2020 und März 2022 um 2.063 und 2.079 ist als analytisch sehr bedeutsamer Bereich erhöhter Abgabebereitschaft zu charakterisieren.

Je nachhaltiger die Widerstände, desto höher die Abgabebereitschaft. Erst Kurse außerhalb dieses Bereiches etablieren einen neuen langfristigen Trend aus der Sicht des Quartalscharts.

Insgesamt weisen entsprechende Konsolidierungen aber im Regelfall einen trendbestätigenden Charakter auf, so dass eine Fortsetzung der langfristigen Aufwärtsbewegung der letzten Jahrzehnte wahrscheinlicher ist, als eine Trendumkehr.


Rückkehr der Goldbullen aus aussichtsloser Position

Im Zeitraum von Ende Juni bis Ende Juli hat sich der Gold Future von 1.900,60 auf 2.010,90 erholt. Eine anschließende Aufwärtsbewegung blieb jedoch aus. Nach eher neutralen, richtungslosen Kursbewegungen in den Monaten von August bis Mitte September übernahmen die Bären gegen Ende September das Zepter.

Neben dem deutlichen Unterschreiten der 200-Tage-Linie wurden die Unterstützungen um das Korrekturtief aus dem Juni bei 1.900,60 klar aus dem Markt genommen. Diese kurz- und mittelfristigen Verkaufssignale beschleunigten den Abgabedruck. Der Gold Future erreichte am 06. Oktober ein neues Bewegungstief bei 1.823,50.

Nicht zuletzt durch die brisante Situation im Nahen Osten schoss der Goldpreis, ausgehend von diesem Pivotpunkt unter eher untypischen technischen Vorzeichen, steil nach oben. In der Mehrzahl der Fälle sind derartige Entwicklungen als Bärenfalle und als Zeichen von Stärke zu interpretieren. (Man denke an den Fall im Herbst 2022 als die Kurse nach neuen Bewegungstiefs und dementsprechenden Verkaufssignalen nach oben schnellten) Dieses Marktverhalten legt nicht selten die Grundlage für die Wiederaufnahme des übergeordneten Aufwärtstrends.

Seit elf Börsentagen kontern die Goldbullen, ohne Korrekturbewegung auf dem Tageschart, so dass am Freitag mit Kursen bei 2.009,20 das Julihoch erstmalig getestet wurde.


Bullische Insel-Umkehr (Island reversal)

Aus der Perspektive des mittelfristigen Wochencharts hat sich das Chartbild durch die starke Aufwärtsbewegung der letzten Wochen deutlich verbessert. Unter anderem wurde die seit Mai 2022 bestehende, eingezeichnete Abwärtstrendlinie überschritten. Des weiteren wurde eine seltene untere Umkehrformation in Form einer bullischen Insel-Umkehr (Island reversal) vollendet: Die Insel-Umkehr Formation beginnt mit einer Kurslücke (Gap) in Richtung der vorherigen Kursbewegung (Abwärtstrend).

Auf dieses erste Gap folgen eine oder mehrere Notierungsstäbe, die sich nicht wieder in das Gap zurückbewegen. Die erste Notierungslücke wird also von den folgenden Stäben nicht geschlossen. Als Nächstes eröffnet der Kurs erneut mit einer Kurslücke.

Allerdings kommt es diesmal zu einer Kurslücke in die Gegenrichtung. Die beiden Gaps befinden sich dabei in etwa auf gleicher Höhe und liegen sich also gegenüber (siehe Wochenchart). Die Notierungsstäbe zwischen den beiden Gaps sind demnach von den restlichen Bars abgeschnitten und bilden eine Insel; was zu dem Namen Insel-Umkehr geführt hat.




Kurzfristig erschöpfte Aufwärtsbewegung triff auf starke Widerstände

Mit einem Anstieg von über 185 US$ hat die Dynamik der seit Anfang Oktober laufenden letzten Aufwärtsbewegung (11 Handelstage, ohne tieferes Tief) den kurzfristigen Trend aus technischer Sicht überreizt.

Der Gold Future ist in der abgelaufenen Börsenwoche an einem Widerstandsniveau (2.011 bis 2.080) höchster Qualität angekommen. Solche Barrieren werden im Regelfall nur dann im ersten Anlauf überschritten, wenn es in kürzester Zeit zu richtig extremen Entwicklungen kommt (ein Beispiel für solche Entwicklungen wären weitere Eskalationen im Nahen Osten).

Trifft nun eine erschöpfte Aufwärtsbewegung auf ein derartig markantes Widerstandsniveau wie im Gold, so verschlechtert das Chance-Risiko-Verhältnis für die Bullen und macht Märkte idealtypisch anfällig für einen Rücksetzer, da sich die Abgabebereitschaft der Marktteilnehmer mit zunehmenden Kurssteigerungen erhöht. Viele Long-Investoren sind nach einer solchen erschöpften Aufwärtsbewegung schneller bereit aufgelaufene Gewinne zu realisieren oder ihre Gewinnrealisierungsstops an das aktuelle Kursniveau zu nähern.

Mehr als eine technische Gegenbewegung lässt sich jedoch aktuell aus dem Marktgeschehen nicht ableiten. Das Ausmaß der etwaigen Rückschläge dürfte ein Indiz dafür sein, wie nachhaltig die laufende Rally ist.

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Gold saisonal bis Anfang Dezember weiter positiv

Aufgrund historischer Erfahrungswerte lassen sich für Rohstoffe, Währungen, Aktien und Indizes statistische Durchschnittswerte berechnen.

Unter der Betrachtungsweise dieser Statistiken aus den vergangenen 20 Jahren ist der Zeitraum von Anfang Oktober bis Anfang Dezember als weiter klar positiv zu definieren. Das saisonale Momentum bleibt demnach auf der Seite der Bullen.

Jedoch muss erwähnt werden, dass die die typischen saisonalen Verläufe des Gold Futures in diesem Jahr weniger mit dem aktuellen Kursgeschehen korrelierten als üblich.


Fazit:

Aus der Perspektive des langfristigen Quartalscharts handelt der Gold Future seit August 2020 weiter in der großen neutralen Seitwärtsbewegung zwischen 2.079 und 1.673.

Erst Kurse außerhalb dieser neutralen Zone etablieren einen neuen langfristigen Trend. Aufgrund des trendbestätigenden Charakters dieser großen Konsolidierung ist die Ausbruchwahrscheinlichkeit nach oben größer als nach unten.

Aus der Sichtweise des mittelfristigen Wochencharts befindet sich das gelbe Edelmetall aufgrund des Kursverhaltens der letzten Wochen wieder in einem Aufwärtstrend. Bei Kursen über 2.011 (Julihoch) bestehen in Verbindung mit der aktuell weiter positiven saisonalen Phase weitere Kurschancen bis in den o.a. starken

Widerstandsbereich um 2060 bis 2.080, wobei der Markt durch die kurzfristig überkaufte Situation korrekturanfälliger geworden ist.

Insbesondere nach einer kurzfristigen Korrekturbewegung können sich die Goldbullen unter Berücksichtigung der Gesamtsituation mit dem "saisonalen Rückenwind" und dem Kursverlauf der letzten Wochen berechtigte Hoffnungen machen, die mächtigen Widerstände um die aktuelle Bestmarke aus dem Markt zu nehmen. Die Krisensituationen auf der Welt scheinen das in den letzten Jahren gestiegene Zinsniveau mehr als zu kompensieren.

In der Regel gilt: Je stärker die Qualität der jeweiligen überbotenen Widerstände, desto größer das Aufwärtspotential. Kurse über diesem Bereich wären für die Bullen ein enorm wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Bei diesem positiven Szenario eröffnet sich deutliches Aufwärtspotential mit einem Etappenziel in Richtung 2.400 bis 2.500.

Aus Sicht der langfristigen Perspektive der Goldoptimisten ist die Verteidigung der Marke um das Oktobertief von 1.823 zur Aufrechterhaltung der positiven Ambitionen elementar.


© Björn Heidkamp
www.kagels-trading.de