Gold: “Managed Money“ mit Shortüberhang
12.09.2022 | Björn Heidkamp (Kagels Trading)
Der abgebildete Chart zeigt die historische Kursentwicklung des Gold Futures von 1987 bis heute, bei Kursen von 1.728,60 USD/Unze. Ein Notierungsstab bildet die Kursschwankungen des Gold Futures für ein Quartal ab.
Langfristiges Chartbild neutralisiert sich
Am 08. März wurde das vorherige Allzeithoch bei 2.063 aus dem August 2020 mit einer neuen Bestmarke bei 2.078,80 knapp überboten. Eine darauffolgende Anschlussbewegung blieb jedoch aus, so dass sich um die alte Bestmarke aus dem August 2020 bei 2.063 und 2.080 ein starker Bereich erhöhter Abgabebereitschaft ausgebildet hat.
Trotz guter technischer Ausgangslage, sowie hoher Inflationsdaten und bestehender Energiekrise konnte das gelbe Edelmetall die Chance für weitere Kursgewinne nicht nutzen. Im Gegenteil, der Goldpreis fiel am 21. Juli mit 1.683,60 auf das niedrigste Niveau seit März 2021. Dadurch wurde der übergeordnete primäre Aufwärtstrend durch eine große Seitwärtsbewegung (eingezeichnet) mit den Unterstützungen um 1.670 und den Widerständen zwischen 2.060 und 2.080 abgelöst.
Erst Kurse außerhalb dieser Zone etablieren einen neuen langfristigen Trend.
Typisch für derartige neutrale Zonen ist ein Rückgang der Umsätze an der Edelmetall-Terminbörse COMEX.
Abwärtstrendkanal seit Anfang März
Innerhalb der o.a. großen Seitwärtsbewegung hat das gelbe Edelmetall seit Erreichen der neuen Bestmarke am 08. März den eingezeichneten Abwärtstrendkanal ausgebildet. Vorerst stoppte der aktuelle Abwärtsimpuls im Juli an dem starken Unterstützungsbereich der übergeordneten Seitwärtsbewegung um 1.670.
Seit dem Marktwendepunkt vom 10. August bei 1.824,60 (Augusthoch) handelt der Gold Future weiter abwärts. Mit dem Tief vom 01. September bei 1.699,10 hat das aktuelle "Abwärtsbein" noch keine neuen Tiefststände innerhalb des Trendkanals etablieren können.
Möglicher neuer mittelfristiger Konsolidierungsbereich
Durch das Kursverhalten der letzten beiden Wochen besteht somit die berechtigte Chance, dass sich die Abwärtsdynamik der Vormonate weiter abschwächt. Zwischen dem Pivotpunkt bei 1.825 und 1.670 könnte sich ein kurzfristig neutraler Konsolidierungsbereich innerhalb des Abwärtstrendkanals am unteren Bereich der "großen" Seitwärtsbewegung ausbilden.
Schwankungsbreite weiter rückläufig
In der abgelaufenen Börsenwoche wurde weder ein neues Wochenhoch, noch ein neues Wochentief erreicht. Dadurch hat sich ein Innenstab (InsideWeek) ausgebildet.
Insgesamt ist eine stark rückläufige Handelsspanne zu beobachten: Mit einer Schwankungsbreite von knapp 27 Dollar weist Gold die niedrigste Volatilität der letzten elf Wochen auf und konsolidiert somit auf den niedrigeren Zeiteinheiten.
Steigt Gold über 1.730 dürften die Bullen kurzfristig einen Anlauf in Richtung Abwärtstrendlinie bei etwa 1.775 nehmen.
Saisonalität weiter positiv
Aufgrund historischer Erfahrungswerte lassen sich für Rohstoffe und Indizes statistische Durchschnittswerte berechnen. Betrachtet man die historischen Daten der letzten 20 Jahre, so ist die Periode von Juli bis Oktober für Goldbullen statistisch gesehen der beste Zeitraum des Jahres.
Will man noch tiefer ins Detail gehen, zeigen saisonale Durchschnittsverläufe einen leichten Rücksetzer in der ersten Hälfte des Septembers mit einem weiteren Anstieg und neuen Bewegungshochs (1.825) bis Mitte Oktober, ehe die nächste moderate Korrektur zu beobachten ist.
Anzumerken ist jedoch, dass sich das Kursverhalten des Gold Futures in den letzten Monaten kontrasaisonal verhalten hat und sich der angegebene historisch positive Zyklus in diesem Jahr noch nicht durchgesetzt hat.
Rechnet das "Managed Money" mit fallenden Kursen?
Im Commitment of Traders (CoT)-Report legen die großen Produzenten und Händler von Indizes, Rohstoffen und Devisen ihre Positionierung am Terminmarkt offen. Es handelt sich um das sogenannte "Hard-Sentiment."
Mittlerweile befinden sich die Positionen des "Managed Money" mit -6.962 Kontrakten (6. September) in einem Shortüberhang. Diese Situation entspricht nicht dem Normalfall. Neben der letzten Aufwärtsbewegung von Mitte Juli bis Anfang August, war dieses Verhalten der institutionellen Spekulanten das letzte Mal im April 2019 kurz vor der starken Aufwärtsbewegung von 1.270 bis 2.060 zu beobachten.
Diese Positionierung ist für die Bullen positiv zu werten, da bei steigenden Kursen Bedarf an weiteren Long-Kontrakten aufkommen dürfte.
Mindestens aber sinkt das Risiko, dass diese Marktteilnehmer bei weiter fallenden Kursen die Abwärtsbewegung beschleunigen, indem Long-Liquidierungen in hoher Zahl vorgenommen werden müssen.
Fazit
Aus der Perspektive des Quartalscharts wurde der übergeordnete primäre Aufwärtstrend durch eine große Seitwärtsbewegung mit den Unterstützungen um 1.670 und den Widerständen zwischen 2.060 und 2.080 abgelöst. Somit drehen die langfristigen Aussichten von positiv auf neutral. Erst Kurse außerhalb dieses Bereiches etablieren einen neuen langfristigen Trend.
Aus der Sichtweise des mittelfristigen Wochencharts befindet sich Gold seit März in dem eingezeichneten Abwärtstrendkanal. Durch das Kursverhalten der letzten beiden Wochen verlangsamt sich die Abwärtsdynamik vorerst. Ein möglicher neuer mittelfristiger Konsolidierungsbereich zwischen 1.825 und 1.670 deutet sich an.
Überschreitet Gold 1.730 dürften die Bullen kurzfristig einen Anlauf in Richtung der eingezeichneten Abwärtstrendlinie bei etwa 1.775 nehmen.
Steigt der Gold Future über die eingezeichnete Abwärtstrendlinie, würde sich die negative mittelfristige Ausgangsposition verbessern und neutralisieren.
Erst Kurse oberhalb von 1.825, besser 1.835 (200-Tage-Linie) drehen das mittelfristige Chartbild wieder auf Kauf.
Das beschriebene Commitment of Traders (CoT)-und die Saisonalität spielen eher den Bullen in die Karten, sodass sich aus Sicht der Gesamtgemengelage die Chancen erhöhen, dass die Abgabebereitschaft der Bären weiter nachlässt und die kritische Zone um 1.670 nicht mehr deutlich unterschritten wird.
Von entscheidender Bedeutung für die Bullen bleibt es, dass dieser Bereich erhöhter Aufnahmebereitschaft um 1.670 nicht klar unterschritten wird.
Fällt das Jahrestief aus 2021 und 2022, verschlechtert sich das langfristige Chartbild deutlich. Bei diesem Szenario ist von weiter fallenden Goldpreisen in Richtung 1.500 bis 1.380 auszugehen.
© Björn Heidkamp
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