Rohstoff-Welt.de - Die ganze Welt der Rohstoffe

Gold oder Seltene Erden oder ganz was Neues: Graphit?

03.12.2010  |  Dietmar Siebholz

Die Überschrift klingt verwirrend, ist es aber nach meiner Auffassung nicht. Wir sind uns sicher einig, dass die künftige Entwicklung und Bewertung von Geldforderungen (Bankguthaben, Festverzinsliche jedweder Art, Lebensversicherung, die ja überwiegend in diesen Titeln investieren) spätestens mit der unvermeidlichen Zinserhöhung (wer kauft denn solche Niederverzinslichen angesichts des wegen der Solidarhaftung für Europa) einen erheblichen Wertverfall erleiden werden. Dabei habe ich die Folgen einer oder mehrerer Staatspleiten noch außen vor gelassen.

Was bleibt, ist die Entscheidung, welche Substanzen die kommende Krise überstehen und auch die staatlichen Maßnahmen zur Haushaltssicherung (das habe ich nett gesagt, gemeint habe ich damit die Beschlagnahme von Vermögen) einigermaßen unbeschadet überstehen können. Bei meinen Favoriten Gold und Silber habe ich besonders bei Gold so meine Bedenken, denn publikumswirksam - und damit Verständnis weckend - dürfte eine Abgabepflicht zu einem von den Bürokraten diktierten Sonderpreis sein und kaum einen nennenswerten Widerstand zu fürchten haben. Bei den Seltenen Erden, die für mich einen extrem wichtigen technologischen Wert haben, dürfte dies schon erheblich schwerer fallen, denn Industriemetalle zu beschlagnahmen, würde einerseits schwer erklärbar sein und andererseits würde ich dann eine meine Firma zu einem Zulieferbetrieb für die Industrie umwidmen und so einer Beschlagnahme begegnen können.

Bitte halten Sie mich nicht für einen Phantasten: Geht der Pleitegeier weiter in den europäischen Staaten um, so ist durch unsere deutsche (ja wirklich?) Regierung sichergestellt, dass wir wieder einmal bluten müssen. Und für die Nationalisten unter Ihnen wird schon der Hinweis auf “Versailles II“ kreiert, was mich in keinster Weise überrascht. Das Verhalten unserer Regierung zwingt ja einem geradezu diesen Vergleich auf. Was aber sicher gesagt werden kann, ist, dass die Entscheidungen unserer Regierung ein klarer Rechtsbruch ist. Wir wurden nicht zu Maastricht und schon gar nicht zu Lissabon gefragt, aber dafür bekamen wir ja die Beruhigungspille der Maastrichter Verträge. Die sind nun gebrochen.

Lasen Sie mich in die Zukunft schauen: Nun hindert unsere gewählten (schwäbisches Zitat: “Nur die allerblödsten Kälber wählen ihre Metzger selber.:“) Volksvertreter oder die überhaupt nicht gewählten Kommissare in Brüssel niemand mehr, auch weitere Schritte zu unternehmen, auch die Zwangsabgaben für die Sanierung der europäischen Staatshaushalte. Daher die Ableitung “Gold und/oder Seltene Erden und/oder Graphit“.

Nun zu den Seltenen Erden und Graphit. Ich erinnere mich gut noch an die Mahnungen meines Börsenmentors (Freimakler) Walter Beiler, bei dem ich zwei Jahre als Makler-Assistent an der Düsseldorfer Börse arbeitete. Er konnte recht drastisch sein und so meinte er, als ich mich im Erfolg einer guten Börsenstory sonnend, auf eine ähnlich gelagerte Situation euphorisch reagierte: “Guter Mann, Sie sollten nie dieselbe Braut zweimal küssen…“ Er hat recht gehabt mit seiner Warnung: Die Folgestory ging arg daneben und sein Rat hat einigen Schaden bei mir vermieden. Dabei war die neue Story in ihren Vorgaben fast identisch wie die Erfolgsstory.

Dennoch will ich heute gegen Walter Beiler´s Rat verstoßen. Zu zwingend erscheint es mir, dass die chinesische Strategie, die zu den extremen Preissteigerungen am Markt für Selten-Erd-Metalle geführt hat und meiner Meinung nach weiter führen wird, zu den gleichen Ergebnissen bei dem fast genauso unbekannten Mineral Graphit führen wird. Wiederholen wir einmal die Eckpunkte der chinesischen Strategie. Erstens: Produziere ein Randprodukt so billig, dass die Weltkonkurrenz nicht mithalten kann und die Produktion und die damit verbundene Forschung und Entwicklung sowie die Exploration für dieses Mineral aus ökonomischen Gründen einstellt. Zweitens: Beliefere auch künftig den Markt zuverlässig und zu niedrigen Preisen, sodass sich keine Ängste wegen des Lieferantenmonopols einstellen und die Käufer der Metalle keinen Sinn darin sehen, eine eigene Rohstoff-Exploration zu betreiben. Drittens: Schone nicht Deine Umwelt, denn dann gerätst Du in Kostenbereiche, die Dir den Preiskampf erschweren und achte nicht vordringlich auf die Energieeffizienz Deiner Produktion.

Wenn dann für diese Metalle oder Minerale im Zuge einer interessanten Technologieentwicklung zusätzliche und erhebliche Nachfrage entsteht, dann fordere die Welt auf, diese Technologieentwicklung in China durchzuführen, weil man nicht mehr beabsichtige, nur den billigen Rohstoff zu liefern, damit die Welt den nachfolgenden Profit in den eigenen Ländern realisieren kann. Zur Warnung der Ernsthaftigkeit werden Exportzölle und Exportkontingente verhängt. Und zur ökonomischen Erklärung Deines restriktiven Verhaltens teile der Welt mit, dass Deine bisherige Produktion stark umweltschädigend und energieverzehrend war und Du nun die Sanierung dieser Industrie mit Stilllegungen, Fusionen der Herstellungsbetriebe und Erneuerung der Energieversorgung und des Energieverbrauches betreiben wirst und nun Engpässe in der Versorgung der Welt bei diesem Rohstoff eintreten könnten. Für diese Erklärungen wird ein Großteil der Betroffenen sogar Verständnis haben, dabei aber übersehen, dass es genau diese Werte waren, die vorher beim Konkurrenzvernichtungskampf schlicht solange ignoriert wurden, bis sich das Feld der Lieferanten/Konkurrenten stark gelichtet hatte.





So geschehen bei den Seltenen Erden, als feststand, dass die neuen Auflagen für Energiesparlampen, neue Hybridfahrzeuge mit Batterieantrieb, neue grüne Technologien und neue Energiespeichersysteme nur mit Seltenen Erden umsetzbar sind. Der letzte Akt dieser Strategie bei den Seltenen Erden wurde kürzlich eingeläutet, als ein an sich nichtiger Anlass von China herangezogen wurde, um die Kündigung von sämtlichen Lieferkontrakten mit Japan auszusprechen, zumindest aber infrage zu stellen. Ein großer Teil der japanischen Industrie würde dadurch lahmgelegt. Ein bisschen erinnert mich dies an die Strategie deutscher Gewerkschaften, durch Lahmlegung von Zulieferbetrieben der Autoindustrie, die ein lebensnotwendiges Kleinteil für die Autoherstellung zu liefern hatten, Einfluss auf die gesamte Eisen- und Metallindustrie unseres Landes zu bekommen.

Vor etwa zwei Monaten gelangte ich in den Besitz einer internen Studie einer Unternehmensberatung, welche Metalle und Mineralien sich in einer Position befinden, die Maßnahmen zur Durchsetzung dieser chinesischen Strategie erwarten lassen. Ein Musterbeispiel waren dort die Seltenen Erden, von denen man heute allerorten spricht. Vor vier Jahren, als ich meine Analysen begann, wusste vielleicht Einer von Tausend mehr über diese Metalle und die für sie günstige strategische Position, in die sich die Chinesen mit ihrer Weitsicht gebracht hatten. Diese Studie wurde durch die Veröffentlichung einer von der EU-Kommission angeforderten Analyse der Rohstoff-Abhängigkeit Westeuropa nachdrücklich bestätigt.

Ich habe mir also die Mühe gemacht, diese Metalle oder Mineralien nach den Kriterien der Erfahrungen mit den Seltenen Erden abzustimmen und siehe da: Es zeichnete sich die zweite Braut (siehe oben) so klar ab, dass ich meinen aus Erfahrung erlernten Grundsätzen hiermit die Treue aufkündige.

Es handelt sich um Graphit. Der unbeleckte Leser wird nun bemerken, “was will der Siebholz mit Bleistiften?“ Ich werde Ihnen am Ende meines Kommentars einige Stellen nennen, an denen Sie sich über Graphit unterrichten können. Vorher aber einige grundsätzliche Informationen über Graphit, die Sie benötigen, um die Brisanz der Lage dieses Minerals verstehen zu können:

• 1. Graphit ist zwar nahezu reiner Kohlenstoff aber in einer einzigartig kristallinen Form. Es gibt es nur vier Arten von Kohlenstoffen, die sich als kristalline Stoffe darstellen, die wichtigsten beiden sind Diamant und Graphit.

• 2. Es gibt Naturgraphit und “Kunst“-Graphit, der aus Rohölresten z.B. aus Petroleum-Koks unter hohem Druck und mit großem Energieaufwand gewonnen wird.

• 3. Der kristalline Naturgraphit und der Kunstgraphit weisen unterschiedliche Qualifikationen aus Für die neuen technologischen Anwendungen wird Reinst-Graphit (mehr als 99% Reinheit) benötigt, der nur aus kristallinem Graphit entwickelt werden kann.

• 4. Man schätzt auf der Basis der Produktionsdaten für 2008, dass circa 60% des weltweit gehandelten Graphits “Kunstgraphit“ und 40% Naturgraphit (=kristalliner Graphit) waren.

• 5. Für die anderen aktuell in der Industrie üblichen Verwendungen können beide Graphitsorten mit Einschränkungen eingesetzt werden.

• 6. Diese Verwendungen sind: Feuerfest-Produkte und Schmelztiegel, Elektroden für Elektro-Stahl-Schmelzen, Reibbeläge (z.B. für Bremsen) und Kohlebürsten für Elektromotoren, Pulvermetallurgie, Kunststoffe, Glasfaserkabel sowie (jedoch nur bezüglich der kristallinen Natur-Graphite) Einsatz in Batterien und Brennstoffzellen, sowie Karbonfaserteile und Karbonfasern.

• 7. Grundstoff für Graphene (siehe unten).

Mit den unter Punkt 6) und 7) genannten Verwendungen betreten wir jetzt den Bereich der künftigen Technologieentwicklungen und hier wird der Punkt deutlich, an dem - wie ich im Vorgriff auf die kommende Entwicklung das Studium von Graphit und der sich bei der Graphitherstellung oder -Gewinnung engagierten Unternehmen betrieben habe - sich eine kräftige Nachfrageerhöhung nach speziellen Graphitsorten ergeben wird.

Vier Entwicklungen muss man dabei im Auge behalten, und das sind die Weiterentwicklung von Brennstoffzellen, die neue Batterietechnologie von Lithium-Ionen-Batterien für die Hybridfahrzeuge, die immer mehr praktizierte Verwendung von Karbonteilen in der KFZ-Herstellung, das mögliche Wiederauferstehen des Hochtemperatur-Kugelhaufen-Reaktors mit seinem hohen Graphitbedarf und als jüngstes Kind die Herstellung von Graphen en (siehe unten

Der Hochtemperatur-Reaktor ist eine rein deutsche Entwicklung. Er hat eine interessante Historie. Wir unterhielten in der BRD zwei Reaktoren, einen Entwicklungsprototypen in Jülich und einen Arbeitsreaktor in Hamm-Uentrop. Dieser hat zuverlässig über Jahre elektrische Energie und als Abfallprodukt Wärme für das an der Autobahnabfahrt Uentrop gelegene Industriegebiet geliefert. Dann wurde dem Konzept die politische Unterstützung entzogen, nachdem man das Kind jahrelang mit hohen Zuschüssen gefördert hatte (ja, man musste sich in Düsseldorf dem Druck der doch so praktisch veranlagten grünen “Gutmenschen“ beugen, die nach meiner privaten Ansicht .über das Strümpfestricken hinaus kaum über ein für eine Industrie- und Exportnation erforderliches technologisches Potential verfügen). Die Fortentwicklung des HTR wurde kurzfristig eingestellt, um die Koalitionsinteresen zu wahren. Die Reste des HTR können Sie an der A2 (Autobahn Oberhausen - Berlin) besichtigen.





Was hatte der HTR so Besonderes? Er konnte kein oder nur extrem wenig Plutonium erzeugen, also das Risiko der Proliferation (meine Empfehlung an den Iran, wenn man tatsächlich nicht beabsichtigt, Plutonium zu gewinnen) annullieren. Ferner arbeitete er noch effektiver mit Thorium, das nach Schätzungen von Geologen etwa acht- bis zehnmal mehr auf der Welt vorkommt als Uran (damit wären viele Länder in der Lage gewesen, unabhängig von den Lieferländern vor allem Kanada, USA, Australien, sowie Nigeria - und jetzt auch noch Namibia - zu sein) und der Reaktor heißt zwar Hochtemperaturreaktor, aber seine interne Sicherheit ist durch die Konzeption weitaus höher als die der herkömmlichen (also z.B. von der AREVA, Frankreich oder General Electric, USA) gebauten Systeme.

Ein wichtiger Teil dieser Sicherheitskonzeption besteht darin, dass der radioaktive “Kraftstoff“, seien es die Kerne aus Uran oder Thorium von einer Hülle aus Graphit umgeben sind, also etwa nach dem Prinzip der “bunten Smarties“ (fragen Sie Ihre Kinder, die wissen, was ich meine). Die Graphitumhüllung hat (da Graphit einen extrem hohen Schmelzpunkt jenseits der 3.600 Grad Celsius aufweist) zur Folge, dass ein unkontrollierbares Schmelzen mit den aus Tschernobyl oder Three Miles Island bekannten Folgen erst sehr viel später wenn überhaupt eintritt und viel Zeit für Not- und Sicherheitsmaßnahmen gewonnen wird.

China hat sich mit der englischen Gesellschaft, die die Entwicklung der HTR auf eigene Rechnung fortgesetzt hat,- so hörte ich - in Verbindung gesetzt, um eine Übernahme der Konzeption für einige der vielen in China geplanten Reaktoren zu prüfen. Gleiche Bestrebungen werden von Indien und Korea gemeldet. Was hätte das für grundsätzliche Folgen? Die Kraftwerksbauer aus den “alten“ Industriestaaten würden in die bekannte Röhre schauen müssen. Das wäre an sich noch zu verkraften, weil wir ohnehin nicht mehr an diesem Spiel beteiligt wären. Die in der letzten Zeit so schön für die Zukunft hochgerechneten Nachfragemengen nach Uran müssten revidiert werden, denn sowohl China als auch Indien verfügen nach den vorliegenden Statistiken über ausreichende Thoriumvorräte und -Lagerstätten (Thorium fällt sehr häufig bei der Produktion von Seltenen Erden als sogenanntes By-Product an) und für uns Deutsche würde es heißen, subventioniert haben wir die Entwicklung mit Milliardenbeträgen, aber dank politscher Weitsicht haben wir wieder einmal die Chance vertan, eine technologische Speerspitze zu werden. Dass zudem noch an einer der Kaderschmieden Chinas, an der Tsinghua-Universität intensiv an der Weiterentwicklung der HTR-Technologie geforscht wird, bestätigt meine Vermutungen.

Was das mit Graphit zu tun hat? Die Grundausstattung jedes Reaktors dieser Uentrop-Größe würde bis zur Inbetriebnahme ca. 5.000 bis 6.000 Tonnen Graphit benötigen und der Ersatz ermüdeter Kugeln in Tennisballgröße würde pro Reaktor je nach Größe nochmals jährlich so zwischen 500 und 2.000 Tonnen Graphit erfordern.

Das mag Zukunftsmusik sein, aber ich rate Ihnen, halten Sie in dieser Richtung die Augen offen. Sehen Sie nach China und Indien und gewöhnen Sie ich daran, dass dort wohl die Zukunft stattfindet. Bauen Inder und Chinesen die Kugelhaufen-Hochtemperatur-Reaktoren, wird sich schlagartig die Nachfrage nach Graphit erhöhen.

Wichtiger und zeitnäher sind aber die folgenden neuen Einsatzgebiete von Graphit. Da ist einerseits der Einsatz in den Anoden der Batterien, die die Energie für die Hybridfahrzeuge oder für die Voll-Elektrofahrzeuge liefern sollen. Im Gegensatz zu den vielen Meldungen über die enorme Bedeutung des Lithiums und der dann folgenden Flut von neuen Lithium-Explorationsgesellschaften werden zwei Fakten überhaupt nicht beachtet. Lithium gibt es wie den sprichwörtlichen Sand am Meer z.B. in den Salzlaken und Salzseen in Südamerika (ich war kürzlich da) und – und das ist noch wichtiger: Bei der Herstellung der neuen Lithium-Ionen-Batterien braucht man je nach Größe der Batterien für die Anode dieser Batterien zwischen dem Acht- und Zwanzigfachen mehr Graphit als Lithium.

Besondere Bedeutung kommt dem Graphit auch als Rohstoff für die Kraftfahrzeugherstellung zu. Immer mehr werden nicht nur bei extremteuren Sport- oder Rennwagen Karbonfaser-Elemente eingebaut, da neben der Verfeinerung der Motorenabstimmung nur noch über leichtere Baustoffe für die KFZ für wesentliche Einsparungen beim Gewicht und damit auch indirekt beim Kraftstoffverbrauch erreicht werden können. Wenn der Trend hin zu elektrisch angetriebenen Fahrzeugen anhält und sich verstärkt, wird auch im erheblichen Umfange Graphit für die Erstellung der Karosserie benötigt, denn die Elektrofahrzeuge haben derzeit noch ein hohes Manko auszugleichen, nämlich das Zusatzgewicht der extrem schweren Batterien. Ohne Leichtbauweise mit Hilfe von Karbonfaser-Teilen - also mit Einsatz von Graphit werden die Einspar-Ziele sicherlich nicht so schnell erreicht werden können. Die Kooperationsvereinbarung zwischen SGL Carbon in Meitingen bei Augsburg und BMW in München bestätigt diese Tendenz im Automobilbau. Andere werden folgen müssen.

Es ist noch zu klären, ob für die Produktion von Karbonbauteilen der wesentlich teurere “Flocken-Graphit“ oder das billigere “amorphe Graphit“ oder das synthetische Graphit benötigt wird. Aber immerhin wird es Graphit sein, was bei der Automobilteile-Herstellung zum Einsatz gelangt und dann dementsprechend immer mehr für die Autoteileherstellung benötigt wird.

Gleiches gilt für die nächste Generation für die Gewinnung elektrischer Energie, nämlich für die Brennstoffzellen. Auch hier wird die Anode aus Graphit hergestellt, was darauf zurückzuführen ist, dass Graphit über besonders einzigartige Qualifikationen verfügt, also über die Wärme- und Stromleitbarkeit, über hohen Schmelzwert, über umweltgerechtes Verhalten und interne Sicherheit.

Ich will jetzt nicht die Milchmädchenrechnung aufmachen, die nahe liegen könnte, wenn man bedenkt, dass nach heutigen Erkenntnissen die Batterien der Hybrid- und Elektrofahrzeuge zwischen 3 und 7 Kilo Graphit benötigen werden.





Als nächstes soll uns die Frage beschäftigen, wie groß der Weltmarkt ist und wer den Rohstoff liefert. Vor vierzig Jahren, so sagte man mir, seien die größten Lieferanten Österreich, Norwegen, die Tschechei und Nordkorea gewesen. Übrig geblieben sind in diesem Kreise nur noch Nordkorea und Norwegen, in den anderen Ländern wurde die Produktion überwiegend eingestellt, da die Herstellung infolge niedriger chinesischer Preise nicht mehr rentabel war. Ein kurzer Ausblick auf Deutschland: Im Bayerischen Wald produzierte die Graphitwerke Kropfmühl AG seit Menschengedenken Graphit. Man gab aus den gleichen Gründen die Produktion wie die in Österreich und in der Tschechei auf. Die GK AG arbeitet nun u.a. mit Lieferanten in Zimbabwe und beteiligt sich an Explorationsunternehmen in Mosambik und Madagaskar.

Die geschätzte Weltproduktion von mehr als 1,1 Mio Tonnen p.a. kommt nun nach den von mir herangezogenen Quellen u.a. zu ca. 800.000 Tonnen aus China, zu 110.000 Tonnen aus Indien, zu 92.000 Tonnen aus Brasilien, zu 56.000 Tonnen aus Nordkorea, zu 55.000 Tonnen aus der Türkei und grob geschätzte 10.000 Tonnen aus der Ukraine. Fällt Ihnen etwas auf? Es fehlen die Länder, die es am dringendsten brauchen können, also die USA, Deutschland, Frankreich, Russland, Japan und Südkorea.

Die Betrachtung von Graphit würde unvollständig sein, wenn wir nicht auf die unterschiedlichen Qualitäten des Graphits eingehen würden. Die Fachleute teilen die Qualifikationen von Naturgraphit nach der Form der Kristalle, nach der Siebgröße des Materials und der Feinheit auf (also nach den geforderten Kriterien der Verwendung). Und da ist es kein Wunder, dass besonders die großflockig kristallinen Graphite gesucht sind. Wenn also Elektrofahrzeuge und Brennstoffzellen wirklich die Zukunft des Graphitmarktes beeinflussen sollten, dann sind die hochwertigen Graphite gesucht. Und die machen aber nur einen Bruchteil der derzeit lieferbaren Graphitmengen aus.

Wenn nun die Nachfrage aufgrund der Auto-Elektrifizierung ansteigen sollte, Brennstoffzellen einsatzfähig sind oder werden und die HTR-Reaktoren nun doch wieder verwendet werden, dann hängt die Belieferung der Weltindustrie derzeit von den Ländern China, Indien, Brasilien und Nordkorea ab. Kein besonderes heiteres Bild für die USA und für Westeuropa, finde ich. Die BRIG-Staaten werden sicherlich für Russland sorgen, aber wer sorgt sich um uns?

Ganz übel sieht es bei Graphit mit der erforderlichen Exploration also der Liefersicherstellung für die Zukunft aus; nehmen Sie die deutsche Entwicklung zum Beispiel: Die Graphit Kropfmühl AG hat ihren Betrieb in Deutschland stillgelegt und ein Besucherbergwerk daraus gemacht. Fein, aber für Deutschland sicher nicht sehr sinnvoll. Viele Graphit verarbeitenden Unternehmen haben ihren Betrieb eingestellt, dank der chinesischen Konkurrenz. In Röthenbach bei Nürnberg ging ein alteingesessenes Unternehmen in die Insolvenz. Gekauft hat es die indische Marktführerin Graphite India. Nach sehr langen Recherchen habe ich nur drei bis fünf Unternehmen gefunden, die bereit sein könnten, die Exploration sofort wieder aufzunehmen und wenn alles gut gehen sollte, in zwei Jahren mit der Produktion hochwertiger Graphite zu beginnen. Bei dem australischen Unternehmen, mit dem ich in Kontakt stehe, haben sich asiatische Interessenten gemeldet und Termine wahrgenommen (siehe unten).

Zum Schluss noch zwei Hinweise, die Sie positiv oder negativ beurteilen können. Wie können Sie sich an dem sich möglicherweise an der Wertsteigerung bzw. an einem der Seltenen Erden angleichenden Trend beteiligen? Die erste schlechte Nachricht: Noch können Sie kaum einige Tonnen des besonders für die Hochtechnologie gesuchten Materials kaufen und lagern lassen; vielleicht ändert sich dies. Die nächste schlechte Nachricht: Es gibt kaum börsennotierte Produzenten. Wenn Sie einmal den deutschen Titel Graphitwerke Kropfmühl AG sehen, dann haben die ihre Produktion eingestellt und betreiben gerade als Hauptaktionär eine Mine (Lynx-Mine) in Zimbabwe und sind wohl an einer Produktionsstätte in Sri Lanka beteiligt. Keine besonders guten Standorte. Aber vielleicht erholt sich Zimbabwe aus seiner Malaise, sprich: Wann tritt die lähmende Leitfigur Mugabe ab? Und ist Sri Lanka eine sichere Basis für die Versorgung mit Graphit? Der Kurs der Kropfmühl-Aktie, die nur einen geringen Float hat, ist wegen der geringen Börsen-Umsätze sehr volatil und zu einem Engagement ist daher nicht zu raten.

Die einzige deutsche börsennotierte “Graphit-Aktie“ mit grossen Umsätzen ist SGL Carbon, aber deren Umsätze resultieren ja überwiegend aus der Verarbeitung von Graphit und damit ist der Kurs eher von der Weltwirtschaft als von dem Erfolg der Rohstoffgewinnung abhängig.

Die brasilianischen Gesellschaften sind entweder in Staatsbesitz (so wurde mir in Rio gesagt) oder nicht börsennotiert. Den türkischen und den ukrainischen Titel konnte ich auch nicht an einer Börse finden. Was bleibt, ist der größte indische Hersteller “Graphite India“, aber der hat kaum Naturgraphitvorkommen, sondern stellt überwiegend das aus Petroleumkoks entwickelte Produkt her (so habe ich es aus deren Geschäftsbericht entnommen), das nicht immer den Qualifikationen der neuen Technologien entspricht.

Was uns als Investoren bleibt, sind zwei kanadische Gesellschaften, eine aus den USA, die ich noch nicht bewerten konnte und ein australischer Explorer. Wie mir dessen Vorstandsvorsitzende schrieb, führt er derzeit mit asiatischen Unternehmen Gespräche über die Reaktivierung seiner Lagerstätte und des Produktionsbetriebes, der vor vielen Jahren aus Preisgründen (also als die chinesische Strategie die Preise in den Keller gejagt hatte) eingestellt wurde. Der CEO wollte mir aber nicht sagen, wer die Interessenten sind. Ich habe so meine Vermutungen, dass sie genauso wie bei den beiden australischen Explorationsunternehmen in Sachen Seltene Erden (ARAFURA und LYNAS) wohl Mandarin sprechen werden, oder wenn sie nicht aus dem Land der Mitte, dann aber aus dem Land der aufgehenden Sonne kommen. Die Japaner haben offensichtlich ihre Lektion aus dem Quasi-Embargo Chinas in Sachen Seltene Erden gelernt.

Was auffällt, ist die nahezu gleiche Langfrist-Strategie Chinas für die Seltenen Erden und Graphit. Also doch “Seltene Erden, die zweite…?“


© Dr. Dietmar Siebholz
wthlz2@gmx.de




Nachtrag:

Ich habe nach dem Hinweis auf eine Nachricht aus Australien diesen Bericht zurückgehalten. Diese Nachricht ist extrem wichtig, denn die Verleihungs-Kommission hat den Nobelpreis für Physik den beiden Wissenschaftlern an der Universität von Manchester (UK) zugesprochen, die aus Graphit sogenannte Graphene entwickelt haben und die Eigenschaften dieser weiter entwickelten. Graphene sollen ein Quantensprung in der Halbleitertechnik, verglichen mit allen derzeit verwendeten Mineralien und Metallen, sein. Für die Herstellung der Graphene braucht man Feingraphit. Bitte lesen Sie unter Wikipedia oder bei Google Details nach. Es ist sehr komplex, aber durchaus mit der Entwicklung der ersten Halbleiter zu vergleichen. Ich meine, die Chinesen wissen das seit langem, denn die beiden Wissenschaftler haben ja ihre Ausarbeitungen bereits 2004 veröffentlicht und unsere Freunde aus dem Reich der Mitte sind verstärkt seit 2005 dabei, den Graphitmarkt voll nach dem Prinzip des Marktes für Seltene Erden in den Griff zu bekommen. Die Folgen kennen wir ja von den Seltenen Erden…