Öl im Aufwärtstrend
04.05.2010 | Frank Schallenberger (LBBW)
Bearishe Nachrichten werden abgeschüttelt
Der Ölpreis bleibt im Aufwärtstrend. Trotz aller bearishen Einflüsse, wie der Griechenlandkrise, der drohenden Verschärfung der Regulierung der Rohstoffmärkte durch die US-Börsenaufsicht, der weiterhin sehr hohen Lagerbestände oder der geringeren Kerosinnachfrage aufgrund des Vulkanausbruchs in Island notieren Brent und Co. weiter sehr stabil. Vieles spricht dafür, dass die Marktteilnehmer momentan unter einer selektiven Wahrnehmung leiden und die bearishen Faktoren ausblenden. Allerdings scheint sich auch die Meinung durchgesetzt zu haben, dass bei einem Weltwirtschaftswachstum von gut 4% im laufenden und im kommenden Jahr die Ölnachfrage wieder so stark zunimmt, dass weiter steigende Rohstoffpreise vorprogrammiert sind. Nach dem zuletzt sehr zügigen Preisanstieg bei Rohöl wird die Luft unterhalb der Marke von 90 USD jedoch deutlich dünner. Eine kurzfristige Korrektur um 10% scheint insbesondere aufgrund der hohen Lagerbestände weiterhin sehr wahrscheinlich.
US-Öllager schwellen weiter an
Die Lagerbestände in den USA sprechen weiterhin gegen einen nachhaltigen Ausbruch der Preise über die Marke von 90 USD. Mit dem zwölften Anstieg in den letzten 13 Wochen kletterten die Bestände zuletzt um 1,9 Mio. Barrel auf 357,8 Mio. Barrel. Insbesondere die Lagersituation in Cushing, Oklahoma beeinflusst dabei einmal mehr die Differenz zwischen Brent und WTI. Am Auslieferungspunkt für NYMEX-Ölkontrakte sind die Bestände in der letzten Woche um 0,5 Mio. Barrel gestiegen. Damit hat sich das Lagerniveau alleine in den letzten drei Wochen um 3,4 Mio. Barrel erhöht.
Tatsächlich ging es in den letzten 6 Wochen ununterbrochen nach oben. Momentan beträgt der Lagerbestand 34,6 Mio. Barrel. Bei etwa 42-44 Mio. Barrel dürfte die Kapazitätsgrenze erreicht sein. Damit könnte man Öl dort nicht mehr lagern, so dass die Produzenten gezwungen wären, es in der Kasse zu verkaufen. Dieses Szenario belastet aktuell den Spotpreis für WTI und führt zu einem Preisabschlag gegenüber Brent, obwohl WTI aufgrund der besseren physikalischen Eigenschaften in der Regel mit einem Aufschlag von 1-2 USD zum Nordseeöl notiert. Dieser Trend wird sich erst wieder umkehren, wenn sich die Lage in Cushing entspannt. Damit ist allerdings mit der anlaufenden "Driving Season" in den USA schon in den nächsten Wochen zu rechnen.
© Dr. Frank Schallenberger
Commodity Analyst
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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